Streit um evangelikalen US-Pastor führt zu diplomatischer Krise

Die Inhaftierung des amerikanischen Pastors Andrew Brunson hat zu einer handfesten Krise zwischen den USA und der Türkei geführt. Donald Trumps Regierung will die Freilassung des Geistlichen mit Sanktionen erzwingen – doch Ankara scheint es um etwas ganz anderes zu gehen.
Von Nicolai Franz
Trump und Erdogan geben im Mai 2017 eine gemeinsame Erklärung ab: Seither ist die Beziehung zwischen der Türkei und den USA deutlich abgekühlt

Eigentlich sind die Türkei und die USA traditionell enge Verbündete, nicht zuletzt durch die gemeinsame Mitgliedschaft in der Nato. Doch seit einiger Zeit kühlt das Verhältnis der beiden Staaten spürbar ab. Der Hauptgrund dafür ist die Inhaftierung des evangelikalen US-Pastors Andrew Brunson.

Seit 2016 wird Brunson festgehalten. Die türkische Justiz wirft ihm Unterstützung der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK vor. Brunson habe der PKK helfen wollen, einen „Staat innerhalb der Grenzen der Türkei“ schaffen zu wollen, wie die regierungsnahe Zeitung Daily Sabah schreibt. Außerdem habe der amerikanische Pastor mit der Bewegung des türkischen Predigers Fetullah Gülen kooperiert, „um Kurden zum Christentum zu konvertieren“. Die türkische Regierung macht Gülen für den gescheiterten Putschversuch im Jahre 2016 verantwortlich. Dass Daily Sabah die USA und die Türkei „ehemalige Verbündete“ nennt, verdeutlicht, wie weit die Entfremdung der beiden Staaten vorangeschritten ist.

„Ich bin hier, um im Namen Jesu zu leiden“

Westliche Beobachter halten die Vorwürfe gegen Brunson indes für haltlos. Beweise für die Anschuldigungen seien bisher nicht bekannt geworden, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Brunson habe alle Anschuldigungen von sich gewiesen. „Ich weiß, warum ich hier bin. Ich bin hier, um im Namen Jesu zu leiden.“

US-Präsident Donald Trump und andere Politiker der Republikaner und Demokraten hatten sich seit Monaten für die Freilassung Brunsons eingesetzt. Doch statt einer Einstellung des Verfahrens entschied sich das Gericht für eine Vertagung und setzte als nächsten Verhandlungstag den 12. Oktober 2018 an. Brunson wurde bis dahin Hausarrest auferlegt – aus gesundheitlichen Gründen muss er nicht im Gefängnis bleiben.

In der Haft schrieb Pastor Brunson das Lobpreislied „You are Worthy of My All“, in dem er Gott um Standhaftigkeit trotz Anfechtung bittet

Die Trump-Regierung reagierte erzürnt. Am 31. Juli verhängte sie Sanktionen gegen die türkischen Minister für Inneres und Justiz. Die beiden hätten eine maßgebliche Rolle in der Verhaftung des Pastors gespielt, sagte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders. Das Vermögen der beiden Politiker werde eingefroren, amerikanische Staatsbürger dürfen keine Geschäfte mehr mit ihnen machen. „Wir sehen keinen Hinweis, dass Pastor Brunson irgendetwas falsches getan hat und wir halten ihn für ein Opfer einer unfairen und ungerechten Verhaftung durch die Regierung der Türkei.“

Erdoğan: Gebt uns unseren Pastoren, dann geben wir euch euren

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan verurteilte gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu die „evangelistische und zionistische Mentalität“ der amerikanischen Regierung. Auf der Gegenseite fordert Ankara seit langem die Auslieferung von Erdoğans ehemaligen Weggefährten Gülen, der zur Zeit in den USA auf freiem Fuß lebt. Vergangenes Jahr hatte der türkische Präsident gesagt: „Ihr habt auch einen Pastor. Gebt ihn uns wir werden mit unserer Justiz daran arbeiten, euren zurückzugeben.“

Pastor Brunson gehört zur Evangelical Presbyterian Church. Laut der Kirche lebt er mit seiner Frau seit 1993 in der Türkei. 2010 gründete er in der Millionenstadt Izmir, dem biblischen Smyrna, die „Auferstehungskirche“. Seit seiner Inhaftierung hatte die Kirche mehrfach zu Gebets- und Fastenzeiten für den Geistlichen aufgerufen.

Von: Nicolai Franz

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