Stephan Weil: „Im Herzen Katholik“

Der designierte niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) wünscht sich mehr Flexibilität von den Kirchen. In der aktuellen Ausgabe von "Christ und Welt" spricht der Politiker über die Landtagswahl, die gesellschaftliche Bedeutung der Kirchen und seinen ganz persönlichen Glauben.
Von PRO

"In meinem politischen Alltag spielt der Glaube keine Rolle, in meinem persönlichen jedoch sehr wohl", sagte Weil in "Christ und Welt". "Ich finde nicht, dass man den lieben Gott mit den Landtagswahlen behelligen sollte." Am Wahlabend habe er daher nicht dafür gebetet, Ministerpräsident zu werden, jedoch für Unversehrtheit an "Leib und Seele" nach dem Wahlkampf.

Weil ist katholisch erzogen und war als Jugendlicher sehr engagiert in der Gemeinde. Anfang der 1980er Jahre trat er aus der Kirche aus. Er habe sich distanziert, kam mit den vorgegebenen Haltungen nicht mehr überein. "Die Probleme, die ich mit der Kirche habe, haben viele Christen heute", erzählt er in der Beilage der "Zeit". "Wie viele gläubige Menschen wünsche ich mir eine Kirche, die flexibler ist und bereit, tradierte Positionen zu überprüfen – wie bei der Familienplanung oder bei ihrem Verhältnis zu Frauen. Auch hinsichtlich der Homosexualität sollte sich die Kirche entkrampfen."

Wichtiger Bestandteil der Gesellschaft

Zwar habe der SPD-Politiker häufig darüber nachgedacht, wieder in die katholische Kirche einzutreten, aber Begebenheiten wie der Missbrauchsskandal oder der Kölner Klinikskandal hätten ihn abgehalten. "Auch dass die Kirche die ‚Pille danach‘ für Vergewaltigungsopfer ablehnt, ist mit meinem Verständnis von Glauben und Mitmenschlichkeit nicht zu vereinbaren", fügte Weil hinzu. An der evangelischen Kirche hingegen sei ihm vieles "sympathisch". "Aber Austritt hin oder her: Ich bin und bleibe im Herzen Katholik."

Weil betont in dem Gespräch mit "Christ und Welt" die Bedeutung der Kirchen und Glaubensgemeinschaften für die Gesellschaft: "Für mich sind die Volkskirchen unverändert ein konstitutiver Bestandteil unserer Gesellschaft." Zu Recht hätten sie einen besonderen verfassungsrechtlichen Status. "Ich möchte eher dazu beitragen, dass Kirchen sich stark ins gesellschaftliche Leben einbringen können. Das gilt übrigens auch für die muslimischen Glaubensgemeinschaften." So sei es auch wichtig, dass Kirchenvertreter in den Rundfunkräten säßen.

Stephan Weil wurde 1958 in Hamburg geboren, wuchs aber in Hannover auf. Nach einem Studium der Rechtswissenschaften arbeitete er zunächst als Anwalt. Nach Stationen im Justizministerium Niedersachsen und der Stadt Hannover wurde er 2006 schließlich zum Oberbürgermeister der niedersächsischen Landeshauptstadt gewählt. Am 20. Januar 2013 trat er in der Landtagswahl gegen den Ministerpräsidenten David McAllister an. Zusammen mit den Grünen gewann er die Regierungsmehrheit. Die Wahl zum Ministerpräsidenten ist für Mitte Februar geplant. (pro)

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