Steinmeier in Solingen: Trotz Trauer und Wut weiter zusammenstehen

In einer Trauerfeier in Solingen ist am Sonntag der Opfer des islamistischen Terrorangriffs gedacht worden. Bundespräsident Steinmeier forderte dabei strengere Regeln in der Asylpolitik.
Frank-Walter-Steinmeier

Mit einer Trauerfeier hat Solingen am Sonntag der Opfer des mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlags vor neun Tagen in der Stadt gedacht. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach sich dabei auch für eine konsequentere Asylpolitik aus: „Wir müssen jede Anstrengung unternehmen, um die Zugangsregeln, die es gibt, und diejenigen, die gerade geschaffen werden, umzusetzen.“

Steinmeier bezeichnete das als „eine Riesenaufgabe – und sie muss Priorität haben in den nächsten Jahren“. Notwendig sei dazu ein Staat, der für die Sicherheit seiner Bürger sorge. Zudem müsse er mögliche „Versäumnisse“ im Zusammenhang mit der Tat aufklären.

„Fassungslos sind wir auch neun Tage nach der Bluttat dieses jungen radikalisierten Islamisten“, gestand der Bundespräsident. Die Tat von Solingen habe das Land „im Innersten“ getroffen. „Es trifft uns in unserem Selbstverständnis als Nation, in der die Menschen trotz aller Unterschiede friedlich zusammenleben und zusammenleben wollen – Menschen, die schon seit Generationen hier leben, genauso wie diejenigen, die später hinzugekommen sind“, betonte er.

Wüst: „Wendepunkt“

Zugleich rief Steinmeier die Menschen dazu auf, trotz der Trauer und der Wut weiter zusammenzustehen. „Terroristische Gewalt will uns als Gesellschaft entzweien. Und mein inständiger Wunsch, gerade an diesem Tag der Trauer, ist: Lassen wir genau das nicht zu!“ Fanatische Islamisten wollten „zerstören, was wir lieben: unsere offene Gesellschaft, unsere Art zu leben, unsere Gemeinschaft, unsere Freiheit“. Dieses „zynische Kalkül“ habe schon die Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und die Täter des rechtsextremistischen Anschlags von Solingen vor gut 30 Jahren angetrieben.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bezeichnete den Messerangriff vom 23. August als „Tat des Terrors“ und als „Wendepunkt“. „Wir sind es den Opfern des Anschlags schuldig, mit großer Ernsthaftigkeit daran zu arbeiten, die Ursache des Problems an der Wurzel zu fassen“, sagte der CDU Politiker. Als Konsequenzen aus der Tat seien „intensive Debatten“ zu führen: über die Asyl- und Einwanderungspolitik, aber auch die Frage, wie man Polizei und Nachrichtendienste besser befähigen könne, die Freiheit zu schützen. „Wir müssen diese Debatten führen ohne Scheuklappen, ohne Schaum vorm Mund, ohne Parteiengezänk.“

„Zeichen, dass wir nicht alleine stehen“

An der Trauerfeier nahmen auch Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach (alle SPD) sowie weitere Vertreter der Bundesregierung und der NRW-Landesregierung teil. Die Superintendentin des evangelischen Kirchenkreises Solingen, Ilka Werner, und der katholische Stadtdechant Michael Mohr sprachen einige Worte des Beistandes und des Trostes zu den Anwesenden. Geplant waren für den Tag auch Gespräche der Politiker mit Opfern, Angehörigen, Einsatzkräften, Betroffenen und Bürgern.

Oberbürgermeister Kurzbach bezeichnete die bundesweite Anteilnahme
für die Bluttat als „Zeichen, dass wir nicht alleine stehen“. Zugleich nannte er es „nicht gerecht“, dass Solingen – mehr als 30 Jahre nach dem rechtsradikalen Anschlag auf das Haus der türkischen Familie Genç – wieder zum Ort eines brutalen Anschlags geworden sei. Dennoch gab er sich kämpferisch: „Solingen beugt sich niemals dem Terrorismus!“

Beim „Fest der Vielfalt“ zum 650. Geburtstag der Stadt Solingen hatte ein Attentäter am Freitag vergangener Woche mit einem Messer drei Menschen getötet und acht verletzt. Mutmaßlicher Täter ist der inhaftierte 26-jährige Syrer Issa Al H., der Anfang 2023 als Asylbewerber nach Deutschland kam. Ihm wird unter anderem dreifacher Mord und die Mitgliedschaft in der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) vorgeworfen.

epd
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