Die Quoten sind schlecht, Werbekunden ziehen ihre Reklame-Spots zurück – es sieht schlecht aus für das Format „Erwachsen auf Probe“. Dabei hatte die TV-Produktion vor seiner Veröffentlichung für viel Wirbel gesorgt. Medien und Kinderschützer hatten im Vorfeld gegen die Sendung protestiert, weil unerfahrene Jugendliche sich in dem Format vor laufender Kamera um geliehene Kleinkinder kümmern sollten. Der Kinderschutzbund zeigte sich „entsetzt“, Familienministerin Ursula von der Leyen prangerte die Missachtung der Rechte der Kinder an.
Wie die Internetseite „Spiegel Online“ berichtet, geht der Streit auch drei Wochen nach Sendestart weiter. Mittlerweile lägen der Kölner Staatsanwaltschaft 50 Anzeigen gegen das Format vor, und täglich gingen neue ein. Mittlerweile habe die Behörde ein Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen des Senders eingeleitet. Geprüft werde, ob „von Seiten der Senderverantwortlichen zum Beispiel eine Körperverletzung oder – bei den Eltern – ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht vorliege“. Wie der Kölner Oberstaatsanwalt Rainer Wolf „Spiegel Online“ mitteilte, ist eine Anklage der Beschuldigten aber „eher unwahrscheinlich“. Fraglich sei etwa, ob etwaige „kindliche Verlust-, Schmerz- oder Unlustgefühle hier bereits den strafrechtlichen Bereich berühren“. Solche „Grenzwanderungen“ müssten dennoch sorgfältig untersucht werden.
Rechte von Kleinkindern sollen verbessert werden
Es ist nicht das erste Mal, dass die Staatsanwaltschaft in Sachen „Erwachsen auf Probe“ auf den Plan tritt. Kurz vor dem Start der Sendung hatten ein Verein und ein Familienvater das Jugendamt Köln verklagt, weil es keine Einstellung der Serie veranlasst hatte. Diese, so die Kläger, verstoße gegen die Menschenwürde. Das Kölner Verwaltungsgericht hatte Anfang Juni zugunsten des Jugendamtes entschieden. Wie ein Gerichtssprecher damals gegenüber pro erklärte, scheiterte die Klage vor allem, weil der Antragssteller nicht selbst von einer Verletzung der Menschenwürde betroffen gewesen sei. Zudem sei das Jugendamt der falsche Gerichtsgegner gewesen, da es sich hierbei um einen Fall des Medienrechts handle. Dafür sei die Landesmedienanstalt zuständig.
Bisher gibt es keine einheitlichen Regelungen für die Rechte von Kleinkindern bei Fernsehproduktionen. Anlässlich des Protests gegen „Erwachen auf Probe“ setzt sich die Kinderkommission des Deutschen Bundestages nun für eine Stärkung dieser Rechte ein. In einer Pressmitteilung heißt es: „Da zu befürchten ist, dass auch in Zukunft vergleichbare Sendungen gesendet werden, regt die Kinderkommission die Einrichtung eines Ethikbeirates für die Produktion von Rundfunksendungen an.“ Ekin Deligöz, die Vorsitzende der Kinderkommission, erklärt weiter: „Wir wollen die Grundsatzdebatte, was Fernsehformate dürfen und was nicht, weiterführen. Es muss uns gelingen ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Kinder Rechte haben und dass auch das Privatfernsehen eine moralische Verantwortung trägt“.
In der RTL-Produktion „Erwachsen auf Probe“ sollen Teenager lernen, mit Babys umzugehen. In kameraüberwachten Räumen proben sie den Umgang mit dem Nachwuchs zunächst an Puppen, später an echten Säuglingen. (PRO)