„Die katholische Kirche ist in einem Selbstwiderspruch gefangen.“ Das attestiert ihr Detlef Pollack, Religionssoziologe an der Universität Münster. Gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger vom Dienstag verdeutlicht er, dass weiterreichende Strukturreformen eine „tödliche Gefahr für die Institution“ darstellten.
Die katholische Kirche habe das Selbstverständnis, dass das Wirken der Kirche die Vorwegnahme des göttlichen Heils sei. In der Vergangenheit habe sich vor allem die Überhöhung des geistlichen Amtes als „Einfallstor für Missbrauch“ erwiesen. Wenn die Differenz zwischen Priesterschaft und den Laien außer Kraft gesetzt werden solle, werde das Wesen von Kirche als „heiliger Institution“ angegriffen.
„Kirche würde sich selbst aufgeben“
Solche Reformen überlebe die Kirche entweder nicht, oder sie sei nicht mehr katholische Kirche. Ein „Priestertum aller Getauften“, also die Aufweichung des Unterschiedes zwischen Laien und Geistlichen, bedeute eine 180-Grad-Wende hin zu einer Autonomie der Gläubigen. Dies mache die Kirche überflüssig. Pollack hier ein „unauflösbares Spannungsverhältnis zwischen Moderne und katholischer Kirche“.
Die Mehrheit der Bischöfe täusche sich aus Sicht des Wissenschaftlers darüber, wie reformierbar ihre Kirche sei: „Die Kirche würde sich selbst aufgeben, wenn sie die Reformen so weit treiben würde, wie es notwendig ist.“ Mit der Umsetzung würde die katholische Kirche ihren Wesenskern preisgeben.
Dass die Kirche in der Öffentlichkeit keine Chance habe, liege laut Pollack auch an den Medien, „die ihr keine Chance geben“. Ein Exodus von mehr als 500.000 Mitgliedern könne „keinen Bischof kaltlassen“. Er selbst leide darunter, dass so viele Menschen ihre geistliche Heimat verlieren. Dies sei auch ein Verlust für die Gesellschaft, die „bis in die tiefsten Poren vom Christentum geprägt ist“.
Enttäuschte Erwartungen
Die Zahl der Mitglieder zeige, dass die Kirchenbindung der Katholiken inzwischen auf das Niveau der Protestanten gesunken sei. Die Katholiken hätten sich schon früher an ihrer Kirche gerieben, aber sie hätten sie geliebt. „Jetzt haben sie das Gefühl, das wird nichts mehr mit Veränderung.“ Insofern sei der Status quo ein „Abriss infolge enttäuschter Erwartungen“.