Soziologe: Kirche entfremdet sich von Gläubigen

Die Katholische Kirche entfremdet sich von der Moderne und von den Gläubigen, schreibt der Soziologieprofessor Franz-Xaver Kaufmann in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Das zeige sich vor allem auch im Umgang der Institution mit sexuellem Missbrauch.
Von PRO
Der Soziologe Franz-Xaver Kaufmann kritisiert in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung den „antimodernistischen Abwehrkampf“ der Katholischen Kirche

Der Soziologe Franz-Xaver Kaufmann wirft der Katholischen Kirche in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Montag vor, auf einen „antimodernistischen Abwehrkampf“ und auf die „Loyalität klerikaler Hierarchien“ zu setzen. Dadurch entfremde sie sich von der Moderne und ihren Gläubigen. In seinem Essay sieht Kaufmann vor allem den sexuellen Missbrauch wie auch dessen „lang anhaltende systematische Vertuschung“ in der Kirche als „Brandbeschleuniger“.

Bei sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen differenziert der Soziologe zwischen dem gesamten Klerus und einer straffällig gewordenen Minderheit. Deren geschätzter Anteil von 1,5 bis 5 Prozent entspreche ungefähr dem durchschnittlichen Anteil von Männern im Westen, die sexuellen Missbrauch begehen. Das „eigentliche kirchenpolitische Ärgernis“ sei die „konsequente Unterdrückung aller Informationen über derartige Verbrechen und der meist nachsichtige Umgang mit den Schuldigen“ in der Katholischen Kirche.

Hoffnung auf Frauen in klerikalen Ämtern

Missbrauchsopfer fühlten sich mit ihren Aussagen in der Kirche allein gelassen, weil ihnen regelmäßig nicht geglaubt worden sei. Als Gebot habe gegolten, dass die „Heiligkeit der Kirche“ keinen Schaden nehmen solle. Auch ein Problem sei, dass in der neuzeitlichen katholischen Moraltheologie jede Form von Sexualität außerhalb der Ehe als schweres Vergehen gelte. In älteren Bußkatalogen habe der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ebenso keine herausgehobene Rolle gespielt.

Kaufmann sieht den Fehler im System: Alle rechtlichen Kompetenzen in der Katholischen Kirche – wie zum Beispiel die gesamte Gesetzgebung oder höhere Verwaltung – seien an die Priesterweihe und damit an das männliche Geschlecht gekoppelt. Das lade zur Überhöhung des Geschlechts und zu Machtmissbrauch ein, auch weil keine Sanktionen zu befürchten seien. Hoffnung macht dem emeritierten Professor der Universität Bielefeld deshalb auch die Aussicht auf Frauen in klerikalen Ämtern. Da gebe es Signale deutscher Bischöfe für die Stärkung der weiblichen Position in der Katholischen Kirche.

Von: Michael Müller

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