„Medienkompetenz ist heute so wichtig wie Lesen und Schreiben“, erklärt die Präsidentin des Schweizer Lehrerverbands, Beate Zemp. Schon ab der ersten Klasse sollen die Schüler in den 21 deutschsprachigen Kantonen den Umgang mit Social Media lernen, „um sich in medialen Welten und virtuellen Lebensräumen orientieren zu können“. Wie das in der Praxis aussehen kann, wird derzeit im aktuellen Entwurf für den Lehrplan21 diskutiert, der ab Herbst 2014 an den Schweizer Schulen eingeführt werden soll.
„Digitale Medien sollen gezielt für persönliche Bedürfnisse, zur Informationsbeschaffung und zum Lernen ausgewählt und genutzt werden“, heißt es in einer Mitteilung zum Lehrplan21. Die Schüler sollen erkennen, welche Möglichkeiten soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter bieten. Wesentlicher Bestandteil des Lernziels sei jedoch die Sensibilisierung für Gefahren, sagt Zemp. So müsse den Schülern gezeigt werden, welche Daten sie im Internet preisgeben könnten, oder warum die Veröffentlichung von eigenen Bildern, Telefonnummern oder Adressen gefährlich sei. Ebenso müsse auf die Gefahr des Cybermobbings hingewiesen werden.
„Lebenserfahrung wichtig“
Viele Schweizer Lehrer stehen dem Lernziel kritisch gegenüber, schreibt die Nachrichtenagentur pressetext. Dies habe jedoch nichts mit technischen Kenntnissen oder Fertigkeiten zu tun, wie Beat Döbeli Honegger von der Pädagogischen Hochschule Zürich sagt. Die Kinder seien den „Erwachsenen ohnehin um Längen voraus. Aber als Erwachsene haben Lehrpersonen einen große Vorsprung im Bereich Lebenserfahrung.“
Auch in Deutschland gebe es bereits erste Konzepte zur Einführung von Medienerziehung in der Schule, sagt Honegger. „Doch aufgrund der verschiedenen Zuständigkeiten wird Medienkompetenz nur punktuell und nicht flächendeckend vermittelt.“ Die Medienpädagogin Kristin Narr vom Berliner Institut für Kommunikation in sozialen Medien zeigt sich erfreut über den geplanten Vorstoß in der Schweiz. „Soziale Medien spielen mittlerweile bereits im frühen Kindheitsalter eine Rolle. Dementsprechend wichtig ist es, einen verantwortungsvollen Umgang zu fördern. Wir müssen erkennen, dass junge Menschen aufgrund der zunehmenden Digitalisierung heutzutage anders sozialisiert werden.“
„Auf Lebenswelt der Kinder einstellen“
Wichtig sei daher die Erkenntnis, dass soziale Netzwerke nicht nur für den privaten Gebrauch von großem Nutzen sei. „Es gibt bereits vereinzelt Lehrer, die ihren Unterricht teilweise in Facebook-Gruppen organisieren, um einen besseren Austausch zu ermöglichen“, erzählt Narr. „Sie stellen sich auf die Lebenswelt der Kinder ein und holen sie dort ab, wo sie anzutreffen sind.“
Der Lehrplan21 ist ein Projekt der Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz. Seit 2010 wird ein gemeinsamer Lehrplan für die Schweizer Volksschulen ausgearbeitet. Im Herbst 2014 soll der Lehrplan voraussichtlich zur Einführung in den Kantonen freigegeben werden. (pro)