Das Thema ist seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil der vergangenen Woche in aller Munde: Am Montag hat die CDU parteiintern über ihre Ausrichtung zum Thema gleichgeschlechtliche Ehe diskutiert. Sie will vorerst keine steuerliche Gleichstellung, teilte Generalsekretär Hermann Gröhe am Nachmittag mit. Bereits am Sonntagabend äußerte sich die Familienpolitikerin Katherina Reiche im Jauch-Talk der ARD zum Thema. Die klassische Ehe verdiene nach wie vor einen besonderen Schutz. In der aktuellen wertgebundenen Debatte stehe die CDU mit ihrem christlichen Familienbild besonders unter Druck, eine politische Antwort auf das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu finden, wonach schwule und lesbische Ehepaare gemeinsam Kinder adoptieren dürfen. Reiche bezeichnete die Debatte als „Rechtsrandgebiet”, das nur einen Bruchteil der Deutschen betreffe. Die Politik solle nicht so tun, als sei Ungleiches gleich: „Wer sich mit dem Zeitgeist vermählt, kann ganz schnell Witwer werden.” Beim Volladoptionsrecht für Homosexuelle dürfe kein Kompromiss eingegangen werden. Kinder aus teils schwierigen Verhältnissen sollten keinesfalls bei Homosexuellen leben, sondern müssten in Familien unterkommen, deren Lebensmodell dem Großteil der Gesellschaft entspreche. In der Gleichstellung homosexueller Paare sieht sie eine „Diskreditierung der bürgerlichen Familie”.
Ihr widersprach der SPD-Politiker Henning Scherf. „Sie kommen und meinen, da würde jemand die Mehrheit diskriminieren”, sagte er. Scherf ist selbst Vater einer lesbischen Tochter. „Sie verhalten sich da verfassungswidrig”, warf er Reiche vor. Die deutsche Politik müsse eine „Nicht-Diskriminierung von Minderheiten praktizieren”. Er sieht einen Wandel in der öffentlichen Meinung und prognostizierte verfassungsrechtliche Probleme für Gegner der gleichgeschlechtlichen Ehe.
FAZ-Autor: Juristen auf dem Irrweg
Bei Jauch war zudem Stefan Kaufmann zu Gast, laut Sendungsmachern der erste CDU-Politiker, der sich öffentlich zu seinem Schwulsein bekannte. Diskriminierungen sehe er sich in seiner Partei nicht ausgesetzt. In einer Erweiterung der Rechte homosexueller Paare sieht er keine Gefährdung der klassischen Familie: Durch die Homo-Ehe werde kein Kind weniger gezeugt und keine Ehe weniger geschlossen.
Gast der Sendung war auch der FAZ-Autor Reinhard Müller. Er nannte das jüngste Urteil der Bundesverfassungsgerichts einen „Irrweg”. Die bürgerliche Familie sei die Keimzelle der Gesellschaft, das sei sogar verfassungsrechtlich festgelegt. Das Gericht treibe nun die Politik vor sich her, laut Müller ein fragwürdiger Vorgang. Er warnte zudem vor einem Dammbruch: Wenn gleichgeschlechtliche Ehen der klassischen gleichgestellt würden, wo sei künftig die Grenze zu ziehen? Könnten auch Geschwister zusammenleben?
„Die Union will keine Homo-Ehe”
Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder ergriff nun im aktuellen Spiegel Partei: „Die Union will keine Homo-Ehe, und daran hat sich nichts geändert.” Weiter sagte er: „Mit uns wird es keine totale Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft geben.” Nun müsse man sehen, wie die besondere Stellung der Ehe auch nach dem Urteil aus Karlsruhe noch deutlich gemacht werden könne. Lieber als eine Übertragung des Ehegattensplittings auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften wäre ihm etwa eine Knüpfung der steuerlichen Vorteile an die Frage, ob es in einer Ehe Kinder gebe. Eine gewagte Aussage des Bundesverfassungsgerichts sei die Annahme, das Kindeswohl sei in homosexuellen Partnerschaften nicht gefährdet. Für Kinder sei es am besten, wenn das väterliche und mütterliche Prinzip vorhanden sei. (pro)