Das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz der Ampel-Regierung sieht vor, dass Transsexuelle oder Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen, künftig ohne ärztliches Attest einen Geschlechtswechsel bei den Behörden durchführen können. Die Regelung gilt auch für Kinder und Jugendliche, wenn die Eltern einverstanden sind. Über 14-Jährige könnten auch ohne Zustimmung der Erziehungsberechtigten ihr Geschlecht beim Standesamt ändern, wenn ein Familiengericht zustimmt.
Bei einer Expertenanhörung im Familienausschuss des Bundestages wurden nun Zweifel von Medizinern an dem geplanten Gesetz laut. Die Psychotherapeutin Aglaja Stirn etwa erklärte, Minderjährige seien meist nicht in der Lage, die Folgen eines Geschlechtswechsels einschätzen zu können. Sie warnte auch vor Gruppendruck in diesem Alter, wie der Deutsche Bundestag mitteilt.
„Hoffnungslos überfordert“
Das bestätigte Bernd Ahrbeck von der „Internationalen Psychoanalytischen Universität Berlin“: 14-Jährige seien „hoffnungslos überfordert“ mit einer solchen Entscheidung. Kinder versöhnten sich zudem häufig wieder mit ihrem Geschlecht, auch wenn sie es in der Pubertät ablehnten.
Diese Kritik griff die Union am Mittwoch auf. Vize-Fraktionschefin Dorothee Bär (CSU) nannte das Gesetzesvorhaben ein „Ideologie-Projekt“, das die Regierung auch gegen das Wohl von Kindern und Jugendlichen „duchpeitschen“ wolle.
Kritik kam aber auch von der Gegenseite und damit jenen, die ein Gesetz zum erleichterten Geschlechtswechsel eigentlich befürworten. Vor allem das sogenannte „Hausrecht“ sorgt bei Queer-Aktivisten und Menschenrechtlern für Kopfschütteln. Demnach dürfen etwa Fitnessstudiobetreiber selbst darüber entscheiden, ob zum Beispiel eine transsexuelle Frau auch die Frauenumkleide benutzen darf. Dasselbe gilt in Sportvereinen oder in der Sauna.
Schutzräume nicht gefährdet
Kalle Hümpfner vom „Bundesverband Trans“ forderte eine Streichung dieser Regelung aus dem Gesetz. Henrike Ostwald vom „Deutschen Frauenrat“ erklärte, Frauen-Schutzräume seien durch das Selbstbestimmungsgesetz nicht in Gefahr. Das Gesetz dürfe nicht zu mehr Diskriminierung führen. Rechtswissenschaftlerin Judith Froese merkte an, es sei überhaupt nicht geklärt, unter welchen Voraussetzungen ein privater Saunabetreiber oder ein Frauenhaus einer Person den Zugang verwehren dürfe.
Nach einer ersten Lesung Mitte November soll das Gesetz demnächst im Bundestag verabschiedet werden. Ob es bis dahin noch Nachbesserungen geben wird, bleibt abzuwarten.