Die Islamverbände in Deutschland leisteten zu wenig, wenn es darum gehe, die Rolle der Gewalt im Islam und im Koran zu identifizieren, sagte Schneider in einem Interview mit der Welt. Er gehe zwar davon aus, dass die deutschen Verbände friedlich seien und nichts mit der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) zu tun hätten. Es sei aber nicht von der Hand zu weisen, dass sich der IS auf den Islam berufe. Darüber müsse stärker debattiert werden.
Zugleich lobte Schneider, der am kommenden Dienstag sein Amt als EKD-Ratsvorsitzender vorzeitig niederlegt, den Einsatz der Islamverbände gegen Judenhass. „Wir brauchen ihre Mitarbeit, um energisch gegenzusteuern, wenn junge Männer durch Hassprediger aufgehetzt und für die IS-Milizen rekrutiert werden“, sagte er. Der Kirchenmann forderte, dass „bei der Ausbildung von Imamen und Religionslehrern die Rolle der Gewalt in der islamischen Tradition sowie die Unklarheiten im Verhältnis von Staat und Religion kritisch angesprochen werden.“ Schneider gestand aber auch ein, dass er die „innerislamischen Mechanismen“ zu wenig durchschaue, um abschätzen zu können, wie durchsetzungsfähig die Verbände seien.
Anfeindungen gegen Juden bedrückten ihn zudem sehr, sagte er. Trotz des Einsatzes demokratischer Parteien in Bund und Ländern, Kirchen und islamischer Verbände habe der Antisemitismus nie vollständig überwunden werden können. Neben der Schändung von jüdischen Einrichtungen würden die Konflikte im Nahen Osten auch immer stärker in der westlichen Gesellschaft ausgestragen, zum Beispiel durch radikalisierte junge Muslime. Eine „legitime Kritik an der Politik der israelischen Regierung“ werde oftmals „mit pauschalem Hass auf Juden“ verbunden. Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte des Antisemitismus sei er Juden „von Herzen dankbar, dass sie trotz der Verbrechen des Holocaust zu einem Gespräch mit den Kirchen bereit sind.“