Schneider: „Gedenken für die Zukunft“

„Wir brauchen eine zukunftsweisende Gedenkkultur“, forderte der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, beim Johannisempfang in Berlin. Gleichzeitig ließ er nicht unerwähnt, dass Christen in der Vergangenheit die „biblische Friedensbotschaft immer wieder bis zur Unkenntlichkeit“ verzerrt hätten.
Von PRO
Nikolaus Schneider erinnerte in Berlin an vier historische Ereignisse
„Frieden wird rückwärts verstanden, aber vorwärts gelebt.“ Mit diesen Worten des Philosophen Sören Kirkegaard begann Nikolaus Schneider seinen Festvortrag zum Thema „Gedenken – Erinnerungen für die Zukunft“ in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin. Prominente aus Politik und Gesellschaft, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, waren der Einladung des Bevollmächtigten des Rates der EKD, Martin Dutzmann, gefolgt. Gedenken habe das Potenzial zur Konstruktion und ziele somit auf die Zukunft, sagte Schneider vor den rund 500 Anwesenden. Insofern müsse Gedenken als „Erinnern für die Zukunft“ verstanden werden. Erinnerung sei eine unverzichtbare Eigentümlichkeit des jüdischen und christlichen Glaubens. Als Beispiel nannte Schneider das Abendmahl, mit dem Christen der Passionsgeschichte Christi gedenken. Damit werde Christen eine „Zukunftsperspektive eröffnet, die über das Hier und Jetzt hinausgeht“.

„Glaube hält historische Kritik aus“

Gedenken brauche aber auch Zeugen, die eine Erinnerungsgemeinschaft bildeten. Eine solche Zeugenschaft sei parteilich. Eine bewusste oder unbewusste Beeinflussung von Erinnerung könne gefährlich sein, sagte Schneider. Aber auch der historisch-kritische Blick auf die Vergangenheit sei letztlich nur eine Rekonstruktion. Entscheidend für die evangelische Theologie sei: „Die Geschichte, die wir bezeugen, kann ruhig dem Feuer der historischen Kritik ausgesetzt werden, das hält sie aus“, sagte der Ratsvorsitzende. „Die Geschichte Gottes mit dem Menschen ist keine philosophische Grundannahme.“ Weiter sagte er: „Wir bezeugen Gott als den in die Welt gekommenen und Geschichte machenden Gott.“ Schneider bezog sich in seiner Rede auf vier Gedenkanlässe in diesem Jahr, den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren, den Beginn des Zweiten Weltkrieges vor 75 Jahren, die Maueröffnung vor 25 Jahren und die Barmer Erklärung, mit der sich eine Gruppe von evangelischen Theologen 1934 gegen die Nazis gestemmt hatte. „Unsere Gedenkkultur muss immer auch eine Kultur der Gewissensbildung sein“, erklärte Schneider, gerade angesichts des Umgangs mit militärischer oder terroristischer Gewalt. Explizit bezog sich Schneider auf die Lage im Sudan, und die Situation einer Christin, die inhaftiert war. Die Frau ist laut Angaben des US-Außenministeriums derzeit wieder frei (pro berichtete). Prälat Martin Dutzmann dankte dem Ratsvorsitzenden abschließend für dessen „wegweisende Gedanken zum Gedenken“. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/politik/detailansicht/aktuell/nikolaus-schneider-was-wuerde-jesus-dazu-sagen-87824/
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