Schmähplastik „Judensau“ wird nicht entfernt

Die Schmähplastik „Judensau“ an der Wittenberger Stadtkirche wird erhalten bleiben. Zusammen mit weiteren Informationen zum Thema soll sie in Zukunft aber als Mahnstätte gelten.
Seit 1290 befindet sich die „Judensau“ an der Wittenberger Stadtkirche Judensau-Wittenberg

Die als „Judensau“ bekannte mittelalterliche Schmähplastik bleibt an der Fassade der evangelischen Stadtkirche Wittenberg. „Nach einem intensiven Austausch und anfänglich kontroversen Diskussionen sind wir am Ende des Prozesses zu der gemeinsamen Überzeugung gelangt, dass die Stätte der Mahnung als Ganzes erhalten bleiben soll“, sagte der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates (GKR), Jörg Bielig, am Mittwoch in Wittenberg. Die Entscheidung sei am Vorabend bei einer GKR-Sitzung gefallen.

Ende Juli hatte der 2020 vom Gemeindekirchenrat einberufene „Beirat zur Weiterentwicklung der Stätte der Mahnung“ die Abnahme der Schmähplastik empfohlen. Man könne sich der Empfehlung jedoch nicht uneingeschränkt anschließen, erklärte der GKR. Die künstlerische Erweiterung durch das 1988 errichtete Bronzedenkmal, der Zeder und dem erklärenden Text auf einer Tafel in unmittelbarer Nähe wandle den beleidigenden und obszönen Charakter der Schmähplastik. Der Ort werde so zu einer Mahnstätte. Der Bundesgerichtshof habe diese Auffassung bereits im Juni dieses Jahres bestätigt.

In dieser Einheit wendet sich die „Stätte der Mahnung“ laut Gemeindekirchenrat als Anklage an die Verursacher aller Formen von Antisemitismus und Antijudaismus. Eine Weiterentwicklung der Mahnstätte solle den Ort direkt mit einbeziehen. In diesem Sinn folge der Gemeindekirchenrat den Empfehlungen des Beirates, „eine bleibende Kontextualisierung durch ein zeitgemäßes pädagogisches Konzept“ zu schaffen. Neben der Überarbeitung der Erklärtafel seien weitere Informationen zu Antijudaismus und Antisemitismus in der Kirche geplant.

epd
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6 Antworten

  1. Gute Entscheidung.
    Es ist allemal besser, sich mit der Vergangenheit kritisch auseinanderzusetzen, als sie zu „entfernen“.

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  2. Schade, an einem Ort wo Jesus Christus angebetet wird so eine Schmähung, das passt nichtzusammen. Eine Kirche ist doch keine Museum und auch keine Gedenkstätte. Der Verbleib dort oben am Chorraum zeigt, dass die Kirchgemeinde bei der Schmähung bleiben will und sie nur in Watte packen will.

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  3. Diese Entscheidung macht mich froh, ohne meine Liebe zum Volk Israel zu verleugnen.
    Durch dieses Mahnmal mit Aufklärungstexte stehe ich zu der Geschichte, wie damals antisemitische Christen mit Juden umgegangen sind und die es bedauerlicherweise heute noch gibt.

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  4. Wenn ich in Wittenberg bin hinterläßt die Mahnstätte unterhalb des Reliefs den größeren uned nachhaltigeren Eindruck.
    Das wäre das passendere Bildmotiv für diesen Beitrag gewesen.

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  5. Bei der Beibehaltung dieser wohl immer zeitkritisch bleibenden Schmähplastik zeigt sich überdeutlich der Unterscheid zwischen Demokratie und chinesischer Machtdiktatur. Wahrscheinlich ist langsam in Vergessenheit geraten , daß der chin. Präs. und Diktator Xi Jinping vor dem Luther Jubiläums Jahr anordnete, von allen Kirchendächern in China die Kreuze und aus allen in Kirchen aufgehängten Tafeln der Zehn Gebote das I. Gebot zu entfernen. Welche furchtbare Angst hat ein angeblich so mächtiger Diktator vor den Gesetzestafel und den Geboten Gottes ? ?

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