Voraussetzung für die Entsendung an Schulen müsste aber eine akademische Ausbildung an einer deutschen Universität sein. Von den neuen Studiengängen für islamische Theologie an deutschen Universitäten forderte Schavan eine streng wissenschaftliche Ausrichtung. Derzeit gibt es mit Tübingen, Erlangen und den Doppelstandorten Osnabrück/ Münster sowie Frankfurt/ Gießen vier Institute für islamische Studien. Das Bildungsministerium unterstützt die Studiengänge über fünf Jahre mit bis zu vier Millionen Euro aus Bundesmitteln. Diese Lehrstühle müssten strikt wissenschaftlich ausgerichtet sein, forderte die Bildungsministerin. "Wissenschaftliche Qualität ist durch Bekenntnis nicht ersetzbar", betonte Schavan, die selbst katholische Theologie studiert hat.
Tendenz des Islam, die Religion zu politisieren
Schavan sagte in dem Interview, sie fasziniere am Islam "die selbstbewusste Weise, die eigene Frömmigkeit zu leben". Manche Christen würden bereits "ein Anzeichen von Fundamentalismus" darin sehen, in der Öffentlichkeit zu beten. "Dass Muslime ihre Religion nicht meinen verstecken zu müssen", gefalle ihr.
Auf der anderen Seite gäbe es jedoch auch Dinge, die sie nach wie vor abschrecken würden. Kritik äußerte Schavan etwa an der Tendenz des Islam, die Religion zu politisieren. Dazu gehörten Situationen der Gewalt im Namen der Religion sowie die Feststellung, Religion und Politik seien eins. Das Christentum habe in einem langen Prozess gelernt, dass der Glaube die Politik nicht dominieren dürfe und umgekehrt. Diese Erkenntnis stünde dem Islam noch bevor.
Glaube muss nicht nur geglaubt, sondern auch gedacht werden
Die Finanzierung islamischer Lehrstühle an den Universitäten hält Schavan für notwendig. "Tatsache ist (…), dass Glaube nicht nur geglaubt, sondern auch gedacht werden muss. Dazu gehört unter anderem, das Verhältnis zwischen Religion und Politik zu klären", so die Christdemokratin. Die Aufgabe der Theologie sei es ihrer Meinung nach, die Religion in die Gegenwart zu übersetzen. Derzeit gehen in Deutschland 700.000 muslimische Kinder und Jugendliche zur Schule. Um flächendeckend islamischen Religionsunterricht anzubieten, würden ungefähr 2.000 Lehrer benötigt. Die Imame, die derzeit in Deutschland predigen, sprechen oft kaum Deutsch und kehren häufig nach nur wenigen Jahre wieder in ihre Heimat zurück. (pro)