Schäuble sprach im Rahmen der „Berliner Medienrede“ auf Einladung des Medienbeauftragten der EKD, Markus Bräuer, des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP) und der Evangelischen Akademie Berlin in der Französischen Friedrichstadtkirche auf dem Berliner Gendarmenmarkt. „Bei Eingriffen in die Pressefreiheit bedarf es im Einzelfall einer genauen richterlichen Abwägung, ob der Pressefreiheit der Vorrang gebührt, oder nicht“, so Schäuble.
„Anzeigenkunden bedrohen Pressefreiheit“
Möglicherweise sei die Pressefreiheit heute eher von übertriebenen Rücksichten auf Anzeigenkunden oder von überzogenen Gewinnerwartungen der Investoren bedroht, sagte der Bundesinnenminister. „Jedenfalls gebietet es das hohe Gut der Pressefreiheit, dass die journalistische Arbeit von staatlicher Einflussnahme frei bleibt.“ Zuvor hatte unter anderem die bayerische FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in einem Zeitungsinterview erklärt, das von Schäuble geplante BKA-Gesetz greife den Kern der Pressefreiheit an, da sich Journalisten nicht mehr sicher sein könnten, ob ihre Telefongespräche abgehört würden. Pfarrer oder Priester profitieren dagegen weiterhin vom Schutz des Beichtgeheimnisses.
Medien wichtig für Integration
Schäuble betonte während der Medienrede zudem die Bedeutung der Medien für die Integration von Zuwanderern in Deutschland. Es spiele eine wichtige Rolle, wie Zuwanderer das vorhandene Medienangebot nutzten. So sähen 75 Prozent der Migranten türkischer Herkunft auch heimatsprachige Fernsehprogramme, während über 60 Prozent der aus Polen zugewanderten ausschließlich deutsche Fernsehsendungen schauten. „Zuwanderer, die sich nur an den Heimatmedien orientieren, werden es schwer haben“, sagte Schäuble. „Integrationserfolge kann nur erreichen, wer die deutsche Sprache beherrscht und über gesellschaftliche und politische Themen informiert ist.“ Hinderlich sei es, wenn Informationsangebote gar kein oder nur ein sehr einseitiges Bild der neuen Heimat zeichneten.
BR-Hörfunkchef: Bei Straftaten Nationalität nicht nennen
In einer anschließenden Podiumsdiskussion sprach sich der Hörfunkdirektor des bayerischen Rundfunks, Johannes Grotzki, dagegen aus, automatisch die Nationalität von Straftätern zu melden. „Eine Straftat kann einen ethnischen Hintergrund haben, es muss aber nicht sein“, sagte Grotzki. „Ich halte es für betrüblich, wenn die Schuld und die Opferrolle automatisch auf eine Nation übertragen werden.“ Entsetzt sei er gewesen, dass bei der Berichterstattung über einen in München lebenden und schließlich ausgewiesenen jugendlichen Intensivtäter aus der Türkei dessen Nationalität in der Berichterstattung stets im Vordergrund gestanden habe. „Es gibt schließlich auch genügend deutsche Intensivtäter“, sagte Grotzki.