pro: Wie kam es dazu, dass ihr momentan auf MTV zu sehen seid?
Samuel Harfst: Angefangen hat alles mit einem sehr guten Freund von uns, mit dem ich früher auch Lieder zusammen geschrieben habe. Der hat uns für einen Contest angemeldet – und zwar, ohne dass wir das wussten. Wir sind dann als Band unter die besten sieben gekommen. Daraufhin durften wir ein Musikvideo einreichen.
Wie lief der Videodreh?
Samuel Harfst: Wir hatten zuerst geplant, einen Auftritt auf der Straße zu filmen und hatten auch alles organisiert. Dann waren aber die Akkus der Kamera sehr viel schneller leer, als wir dachten. So wurde aus dem ersten Dreh nichts. Abends wollten wir noch bei einem Konzert von uns filmen. Zwei Lieder vor dem Song "Alles Gute zum Alltag", zu dem der Clip sein sollte, ist die Kamera dann wieder ausgegangen. Letztendlich haben wir das Video dann komplett in unserem Bandraum gedreht.
Wie schätzt ihr eure Konkurrenz ein?
Samuel Harfst: Wir hatten zum Glück einige Leute beim Dreh, die sich ein wenig mit Videoschnitt auskennen. Das hat unserer Aufnahme ganz gut getan. Mit mehr Zeit hätten wir mehr rausholen können. Ich denke aber, wir haben eine realistische Chance, zu gewinnen.
Wenn ihr bei MTV gewinnt, wie geht es dann weiter?
Samuel Harfst: Wir dürfen dann bei "MTV unplugged" einen Song aufnehmen. Wenn wir das gut machen, ist es eine super Referenz.
David Harfst: Dennoch ist die Welt danach noch die gleiche. Es kann viel dadurch passieren, muss aber nicht.
In letzter Zeit seid ihr öfter mal in säkularen Medien aufgetreten, zuletzt in der Schlagersendung "Immer wieder sonntags". Wie wichtig ist das für euch als christliche Künstler?
Samuel Harfst: Wir sehen uns als Band zunächst als Musiker. Wir sind auch Christen, und die Musik ist unsere Kunst. Auch der Glaube beeinflusst unser Leben und unser Leben die Kunst. Alle Themen, die mich beschäftigen, finden sich auch in den Liedern wieder. Aber wir spielen überall, eigentlich sogar mehr im säkularen Bereich, also in Fußgängerzonen oder bestimmten Medien. Für uns macht es keinen Unterschied, wer vor uns sitzt. Wir wollen nicht, dass Menschen uns anders behandeln, weil wir Christen sind, und umgekehrt gilt das genauso. Das heißt für uns: Wir spielen sowohl bei der "Miss Hessen-Wahl", als auch neben einer Strip-Gruppe, wenn wir angefragt werden.
Ihr sprecht auf der Bühne auch immer wieder über euren Glauben – vor jedem Publikum?
Samuel Harfst: Jedes Publikum ist anders. Manchmal ist die Connection zu den Leuten gut, dann erzählt man persönlicheres. Glaube ist eine sehr persönliche Sache. Wir versuchen, nur dann darüber zu reden, wenn wir es gerade auf dem Herzen haben. Ich glaube auch gar nicht, dass es nötig ist, Glaubensdinge so plakativ aufzuziehen. Wenn die Leute unsere Musik hören, beschäftigen sie sich automatisch mit dem Thema.
Gerade der Auftritt bei "Immer wieder sonntags" in der ARD war ungewöhnlich für euch: Ihr seid vor einem Millionenpublikum aufgetreten und das auch noch mit dem Volksmusik-Titel "Ein guter Freund". Das war für euch doch eigentlich eine tolle Chance, viele Menschen mit der Botschaft eures Glaubens zu erreichen. Warum habt ihr die nicht genutzt?
Samuel Harfst: In der Sendung war sehr viel vorgegeben. Wir durften keinen eigenen Song spielen. Ich habe in dieser Sendung gar nicht viel persönliches erzählt. Für so etwas braucht es eine gewisse Basis. Wir hatten ein Interview von einer Minute. Wenn ich jemanden privat treffe, erzähle ich ihm auch nicht in der ersten Minute tiefschürfende Dinge aus meinem Leben.
Nun konntet ihr ja ein wenig in die große Popwelt hineinschnuppern. Haben solche Auftritte Einfluss auf die Inhalte eurer Musik?
Samuel Harfst: Nein. Der Unterschied ist nur: Wenn die Musik erfolgreicher wird, haben wir andere Möglichkeiten. Wir merken das etwa daran, dass wir bei der neuen CD mit einem sehr guten Produzenten arbeiten können. Wir machen nichts anders, um besser anzukommen, sondern wir haben bessere Möglichkeiten, unsere Musik zu präsentieren.
Werden die Texte weniger christlich?
Samuel Harfst: Musik ist für mich Kunst, ich überlege mir vorher nicht, was dabei herauskommt. Viele Dinge in meinem Leben beeinflussen meine Musik. Ich würde weder etwas aus einem Text herausnehmen, weil ich denke, das könnte Anstoß erregen, noch würde ich extra etwas hinein legen wollen, was nicht von Herzen kommt. Ich will mir auch nicht zu viele Gedanken darüber machen, sonst wird die Musik zu ambitioniert und unehrlich.
Wie groß ist die Gefahr, seine Grundsätze in dieser bunten und lauten Medienwelt zu verlieren?
Samuel Harfst: Ich glaube, die Popularität bestimmt nicht, ob man sich verbiegt. Sie führt nur dazu, dass man stärker beobachtet wird. Auch unerfolgreiche Musiker stehen in der Gefahr, ihre Prinzipien zu opfern. Als Künstler braucht man immer Menschen, die einen hinterfragen – gute Freunde. Solange das gegeben ist, sind wir, glaube ich, nicht gefährdet. Johnny Cash sagte zum Beispiel, dass er nach seinen vielen Abstürzen erst wieder herausgefunden hat, als er seine Frau kennenlernte. Freunde und Business sind zwei verschiedene Dinge, die Freunde, die Basis, brauchst du aber immer.
Es deutet sich ja an, dass ihr in Zukunft noch etwas erfolgreicher werden könntet. Was ist eure Vision für das nächste Jahr?
David Harfst: Unser Motto war bisher immer, groß zu träumen, aber dabei hellwach zu sein. Es gibt Anzeichen, die dafür sprechen, dass wir in nächster Zeit erfolgreicher werden könnten, aber da muss man immer auf dem Teppich bleiben. Alles kann passieren, aber nichts muss.
Samuel Harfst: Bei uns haben sich die Sachen auch immer eher zufällig aufgetan. So hat es angefangen und so geht es hoffentlich auch weiter.
Seid ihr nach wie vor als Straßenmusiker unterwegs?
Samuel Harfst: Ja, wenn Wetter und Zeit das zulassen. In manchen Städten ist das Ordnungsamt mittlerweile auch ziemlich streng. Es gibt zu viele Straßenmusiker, die sich daneben benehmen, zu laut sind oder so, und da leiden dann alle drunter.
Wie plant ihr solche Auftritte?
Samuel Harfst: Meistens entscheiden wir morgens, wohin wir fahren. Wenn wir sowieso irgendwo einen Auftritt haben, setzen wir uns dort auch noch auf die Straße.
Was war denn das bewegendste Ereignis für euch als Straßenmusiker?
Samuel Harfst: Am bewegendsten für mich war ein kalter regnerischer Tag, an dem ich nicht so gut drauf war. Ein kleines Mädchen mit Down-Syndrom kam zu uns und hat zur Musik gewippt und getanzt. Am Ende eines Liedes hat sie alle Bandmitglieder einzeln umarmt. Es war schön, zu sehen, wie viel Freude ein kleines Kind ausstrahlen kann. Wenn Musik Menschen auf der Straße bewegt, ist das toll.
Habt ihr Bedenken, dass euch das verloren geht, wenn ihr mehr in großen Medien auftretet?
Samuel Harfst: Nein. Hinter dem Gedanken steckt eine falsche Annahme: Nur weil Musik unerfolgreich ist, muss sie nicht unbedingt mehr von Herzen kommen. Für mich macht es keinen Unterschied, wieviele Leute zugucken. Medien bieten nur die Möglichkeiten, so dass viel mehr Menschen Zugang zur Musik haben. Die Herausforderung für uns ist nur, die Kameras zu vergessen und unser Ding zu machen. Solche Momente gehen verloren, wenn das Herz fehlt, aber das kann auch auf der Straße passieren.
Sollten Christen gezielt in den Medien für ihren Glauben werben?
Samuel Harfst: Ich persönlich denke, wir sollten es nicht auf eine ambitionierte Art und Weise tun. Wenn der Glaube Thema wird, sollte man auch in der Öffentlichkeit keinen Hehl daraus machen. Aber ich mag es nicht, wenn Menschen versuchen, ein Plattform zu missbrauchen, nur um anderen eine Meinung aufzudrücken und ich versuche, das selber nicht zu machen. Wenn jemand zu unseren Konzerten kommt, dann ist mir wichtig, dass er die Musik genießen kann. Wenn es mein Herz gerade bewegt, erzähle ich auch von mir, aber nicht, damit die Leute glauben, was ich glaube. Wir versuchen nicht, in die Medien zu kommen, nur um der Welt unsere Meinung zu präsentieren.
Vielen Dank für das Gespräch.
Die Fragen stellten Anne Klotz und Anna Wirth.