Carsten Rentzing, Bischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens, stellt sein Amt „zum nächstmöglichen Zeitpunkt zur Verfügung“. Das teilte er in einer Erklärung am Freitag mit. Er sei mit dem Wunsch angetreten, „die verschiedenen Positionen innerhalb der Landeskirche wieder einander näher zu bringen“. Die Einheit der Kirche sei sein oberstes Ziel. Die aktuelle Diskussion um seine Person schade dem jedoch.
Rentzing geriet im September in die Kritik, als bekannt wurde, dass der Bischof seit seiner Studienzeit in Frankfurt am Main Mitglied der Alten Prager Landsmannschaft Hercynia und damit im Coburger Convent ist. Die Verbindung pflegt das Mensurfechten. In einer Stellungnahme erklärte Rentzing am 14. September, er sei formal noch Mitglied, aber nicht mehr in dem Bund aktiv. „Ich trage diesen Teil meiner Biografie ganz bewusst nicht offen vor mir her, aber ich stehe dazu, dass es ein Abschnitt in meinem Leben war, den ich nicht verleugnen kann und will.“ Er habe „inzwischen eine innerliche Distanz zu manchen Dingen gewonnen“.
Laut WDR tauchten Anfang dieser Woche zahlreiche Texte auf, die Rentzing zwischen 1989 und 1992 als Redakteur der Zeitschrift „Fragmente – das konservative Kulturmagazin“ verfasst hat. Darin verachte er die liberale Demokratie und vertrete ein völkisches Staatsverständnis. 1991 habe der Theologe in einem Text die universale Gültigkeit von Menschenrechten und Rechtsstaat bestritten. Die Staatsgewalt verändere sich, wenn „Ausländer in die Exekutive“ kämen. Die Autoren der Zeitschrift „Fragmente“ geben Polen eine Mitschuld am Zweiten Weltkrieg. Zu einer WDR-Anfrage habe Rentzing bisher noch keine Stellung bezogen.
Ende September starteten mehrere Pfarrer der sächsischen Landeskirche eine Online-Petition, die bisher über 800 Unterschriften hat. Darin kritisieren die Unterzeichner, dass Rentzing sich nicht von der Verbindung distanziert habe, und fordern ihn dazu auf, sich zu erklären. Die Petition legt dem Bischof eine inhaltliche Nähe zur AfD nahe. Auch einen Auftritt in der „Bibliothek des Konservatismus“ im Jahr 2013, die zu einem Netzwerk der Neuen Rechten gehöre, legt ihm die Petition zur Last und fordert eine Distanzierung davon. Rentzing lud die Erstunterzeichner zum Gespräch ein. Nun folgte sein Rücktritt.
Überzeugter Konservativer
„Ich stehe für konservative Positionen und Werte, die ich in einem langen Entwicklungsprozess für mich als richtig erkannt habe“, erklärte er zu seinem Amtsverzicht. „Dabei war die Begegnung mit Jesus Christus und mein Glaube für mich prägend. Der Weg in die Kirche hat mich verändert. Positionen, die ich vor 30 Jahren vertreten habe, teile ich heute nicht mehr.“
Rentzing ist seit 2015 Bischof der sächsischen Landeskirche. Er hat sich immer wieder mit konservativen Positionen profiliert, etwa mit seiner ablehnenden Haltung gegenüber der Trauung homosexueller Paare. Konservativ sei für ihn kein Makel, sondern „ein positiv besetzbarer Begriff“, sagte er im pro-Interview vor drei Jahren. Es bedeute für ihn „eine gewisse Vorsicht, Dinge und Erkenntnisse über Bord zu werfen, die sich bewährt haben“. In dem Gespräch kritisierte er auch eine Tendenz in westlichen Kirchen, „kritische Aussagen zu unterlassen und nur das, was mit dem Mainstream verträglich ist, nach außen zu tragen“.
Der 52-Jährige stammt aus Berlin. Zum christlichen Glauben fand er als junger Erwachsener. Zunächst studierte er in Berlin Rechtswissenschaften und Philosophie, später Philosophie und Theologie in Berlin, Frankfurt am Main und Oberursel. Bevor er Bischof wurde, war er Pfarrer im Vogtland.
Von: Jonathan Steinert
In einer früheren Version des Artikels stand, Rentzing sei in der „Konservativen Bibliothek“ aufgetreten. Richtig ist der Name „Bibliothek des Konservatismus“. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.