Immer wieder heißt es auch aus den Reihen von SPD, Grünen und Linkspartei, man wolle die „gesellschaftliche Spaltung überwinden“, die „Polarisierung beenden“, die „Gräben zuschütten“. Und sich stattdessen „unterhaken“, wie Kanzler Olaf Scholz (SPD) nicht müde wird, zu betonen.
In den vergangenen Wochen haben rot-grüne Politiker klargemacht, was von dieser Ankündigung zu halten ist: Gar nichts.
Denn völlig ohne Not holen sie jetzt eines ihrer letzten verbliebenen Projekte des ach so fortschrittlichen Umbaus der Gesellschaft aus der Mottenkiste: Die Freigabe von Abtreibungen, zumindest in den ersten drei Monaten.
Das würde bedeuten, dass ein bald aufgelöstes Parlament quasi im Hinausgehen einen Kompromiss zum Lebensschutz abräumt, der das Land seit 30 Jahren befriedet hat. Eine Respektlosigkeit gegenüber dem Wähler, der bald über ein neues Parlament bestimmt. Vor allem aber eine Respektlosigkeit für ein ethisches Thema, bei dem offenbar alle Hemmungen fallen, solange sie noch irgendwie eine Mehrheit herbeiführen kann. (Das ist übrigens eher unwahrscheinlich, wie meine Kollegin Anna Lutz hier recherchiert hat).
Ein illiberaler Geist
Die jetzige Regelung – Pflichtberatung, drei Tage Bedenkzeit zwischen Beratung und Abbruch – wäre damit Makulatur. Zähneknirschend konnte ein Großteil der Gesellschaft von links bis rechts zustimmen, auch wenn keine Seite wirklich zufrieden war.
Aber: Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes von 1993 waren damit erfüllt: Das Selbstbestimmungsrecht der Frau und das Lebensrecht des ungeborenen Kindes sind zu achten.
Die Abgeordnetengruppe versucht nun, das möglichst unregulierte Recht auf Tötung eines menschlichen Embryos zur Gretchenfrage des Feminismus zu machen: Bist du für oder gegen Frauenrechte?
Das missachtet nicht nur den Geist unseres Grundgesetzes, dem die Karlsruher Richter bisher – Gott sei Dank – gefolgt sind. Mit diesem illiberalen Geist will man auch all jene ausschließen, die auch dem ungeborenen menschlichen Leben eine Würde zusprechen. Gerade für viele Christen ein Schlag ins Gesicht.
Das fängt damit an, dass sie allen, die auch nur zur Vorsicht raten, ein „überholtes“ Gesellschaftsbild attestieren, wahlweise eines der 1950er Jahre, des Mittelalters – oder gleich des Dritten Reichs. Und es endet damit, dass alle vom Diskurs ausgeschlossen werden sollen, die „nicht betroffen“ sind. Ich zum Beispiel dürfte diese Zeilen also gar nicht schreiben.
Wie nennt man sowas? Genau: Spaltung, Polarisierung, Lagerbildung. Genau das, was der Kanzler und seine Anhänger bekämpfen wollen. Ob sie es selbst merken?