Rosen: US-Präsident gewinnt Medienkrieg mit „Trump-Show“

Der amerikanische Präsident Donald Trump habe den „Medienkrieg“ gegen den seriösen Journalismus in gewisser Weise gewonnen, sagte der Journalismus-Professor Jay Rosen in einem Interview der Süddeutschen Zeitung (SZ). Trump verkaufe sehr erfolgreich seine eigene Show.
Von Jörn Schumacher
Jay Rosen, Professor für Journalismus an der New York University, war im Sommer in Deutschland, um die hiesige Medienlandschaft kennenzulernen

Jay Rosen, Journalismus-Professor an der University of New York, ist überzeugt, dass US-Präsident Donald Trump den Medienkrieg gegen den Journalismus in vielerlei Hinsicht gewonnen habe. „Für gut ein Drittel der amerikanischen Wähler ist Trump selbst heute die wichtigste Quelle von Informationen über Trump“, sagte Rosen. Dabei sei der Präsident selbst wiederum „zur größten Quelle von Desinformation“ geworden. Seine Wähler akzeptierten nur noch den TV-Sender Fox News, doch der sei „in gewisser Weise Teil des Weißen Hauses“, sagt Rosen.

Trump versuche zudem, „die Medien als Ganzes zu diskreditieren“. In Fällen wie bei der Berichterstattung über die Russland-Untersuchung des Sonderermittlers Robert Mueller versuche er, „die Medien als Überbringer der schlechten Nachrichten anzuschwärzen – um sich schon im Voraus vor den Erkenntnissen der Justiz zu schützen“. Rosen: „Wir haben es mit einem Propaganda-Präsidenten zu tun, der versucht, Angst und Zweifel zu säen.“

Trump verhalte sich in gewisser Hinsicht selbst wie ein Medienunternehmen, so Rosen: „Er ist exklusiver Produzent und Anbieter einer erfolgreichen Sendung, der Trump-Show.“ Die Medien seien auf jemanden wie Trump schlicht nicht vorbereitet gewesen. „Er überwältigt das System bewusst: Es gibt schlicht viel zu viele Skandale, Aufreger und Unwahrheiten. Und noch wissen die meisten Redaktionen nicht, wie sie damit umgehen sollen, dass vieles von dem, was sie bisher getan haben, unter einem wie Trump schlicht keinen Sinn mehr ergibt.“

„Storytelling wird in Deutschland überschätzt“

Den vergangenen Sommer verbrachte der Journalistik-Experte in Deutschland, um die Medienlandschaft hier zu beobachten, schreibt die SZ. Er hat dabei unter anderem 53 Publizisten befragt und Redaktionen besucht. Dabei sei ihm der Begriff „Lügenpresse“ öfter begegnet, der inzwischen auch in Amerika Verwendung finde.

Außerdem habe er vom Vorwurf gehört, dass sich in Deutschland mediale und politische Eliten überdeckten und gemeinsame Sache machten. „Mein Eindruck war, dass dieser Vorwurf nicht ganz aus der Luft gegriffen ist“, sagte der Journalistikprofessor. Wenn aber Medien und Politik so miteinander verknüpft seien und bei der einen Seite das Vertrauen in der Öffentlichkeit sinke, sinke es auch auf der anderen Seite, so Rosen.

Angesichts der Betrügereien des Journalisten Claas Relotius kritisierte Rosen, dass die Methode des Storytelling in Deutschland überschätzt werde und oft geradezu mit Journalismus gleichgesetzt werde. „Manche Journalisten sehen sich als gesellschaftliche Erzähler. Das ist verrückt.“ Die „Achtung vor der Wahrheit, die Herstellung einer Faktenbasis für die öffentliche Debatte, die Machtkontrolle“ seien für den Journalismus wichtiger als eine gute Geschichte.

Von: Jörn Schumacher

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