Psychologe: Opfer von Anschlägen leiden oft jahrelang

Nach Anschlägen leiden viele Betroffene noch Jahre später an psychischen Folgen. Psychotherapeut Uwe Bartlick betont die Bedeutung schneller Traumahilfe, eines stabilen Umfelds und christlicher Seelsorge zur Bewältigung solcher Erlebnisse.
Alter Markt in Magdeburg am Tag nach der Tat

Viele Menschen, die Anschläge wie das Weihnachtsmarkt-Attentat in Magdeburg miterlebt haben, leiden oft jahrelang an psychischen Folgen. Häufig versuchten Betroffene zunächst, das Geschehene aus dem Bewusstsein zurückzudrängen, sagte Uwe Bartlick, Psychotherapeut an der Alexianer Klinik Bosse in Wittenberg, dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Dann kann es manchmal Trigger geben, die das plötzlich wieder in den Vordergrund bringen.“ Auch nach Jahren könnten plötzlich Erinnerungen reaktiviert werden, für die zunächst keine Worte gefunden worden seien.

Die katholische Klinik ist auf psychische Erkrankungen spezialisiert und verfügt über eine Traumaambulanz, in der etwa Betroffene von Attentaten oder Unglücksfällen sofort psychologische Hilfe finden können. Dabei sei die Ersthilfe nach einem solchen Erlebnis besonders wichtig, betonte Bartlick. Je mehr sich Betroffene aufgehoben und geborgen fühlten und je besser sie über ein stabiles soziales Umfeld verfügten, desto mehr seien sie in der Lage, das traumatische Geschehen zu verarbeiten.

Glaube ist stabilisierender Faktor

In der Akutsituation gehe es zunächst darum, Beistand zu leisten und da zu sein, sagte Bartlick: „Da geht es nicht darum, viel zu reden, sondern Sicherheit zu geben.“ Viele Patienten seien erst einmal hilflos oder könnten das Geschehene nicht fassen. Danach könnten sehr unterschiedliche Reaktionen auftreten. Betroffene könnten beispielsweise immer noch Bilder von dem Geschehen sehen oder das Gefühl haben, Geräusche zu hören. Bei vielen Menschen klinge dies schrittweise wieder ab. Ein gewisser Prozentsatz könne jedoch traumabedingte Folgeschäden entwickeln. Dazu zählten etwa posttraumatische Belastungsstörungen, aber auch Angststörungen und depressive Störungen.

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Der Psychotherapeut wies auch auf die Bedeutung der christlichen Seelsorge bei der Traumabewältigung hin. Für viele sei der Glaube durchaus ein stabilisierender Faktor, sagte er. Gerade bei Gläubigen könnten jedoch durchaus auch Zweifel aufkommen, warum gerade sie von einem Unglück betroffen seien. In diesen Fällen sei die Seelsorge ein guter Ansprechpartner, um die Themen aufzufangen.

Bei dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt am 20. Dezember 2024 war ein 50-jähriger Mann mit einem Auto ungebremst in eine Menschenmenge gefahren. Dadurch starben sechs Menschen, rund 300 wurden verletzt. Der aus Saudi-Arabien stammende Mann war in den sozialen Netzwerken als aggressiver Islamkritiker und AfD-Sympathisant aufgefallen.

epd
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