Prostitution: Das schwedische Modell in der EU

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben am Mittwoch den Bericht der englischen Abgeordneten Mary Honeyball über Prostitution angenommen. In einer nicht bindenden Resolution fordern sie die Bestrafung der Freier.
Von PRO
Statt der Prostituierten sollen Freier bestraft werden: Mary Honeyball befürwortet das "nordische" Modell
Mit 343 Ja-Stimmen, 135 Nein-Stimmen und 105 Enthaltungen haben die Abgeordneten des Europäischen Parlaments am Mittwoch den Bericht der Labour-Abgeordneten Mary Honeyball angenommen, der sich für das „nordische Modell“ gegen Prostitution einsetzt. In Schweden, Island und Norwegen werden Freier bestraft, sobald sie eine sexuelle Dienstleistung kaufen. Unter dem Druck der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der die CDU und die CSU gehören, wurden einige Änderungen an der ursprünglichen Fassung von Honeyball vorgenommen. In der Originalfassung wurde die schwedische Gesetzgebung als „die wirksamste Methode“, um „Handel mit Frauen und Mädchen zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung“ zu bekämpfen, benannt. In einer Pressemitteilung des Europäischen Parlaments heißt es, das nordische Modell sei „einer der besten Wege, Prostitution und Frauen- bzw. Mädchenhandel zu bekämpfen“. Der deutschen Geschäftsführerin der EVP, Angelika Niebler, war es außerdem wichtig, den Unterschied zwischen Prostitution und Zwangsprostitution hervorzuheben.

79 Forscher unterstützen Bericht

Große Veränderungen am Ursprungstext seien allerdings nicht mehr vorgenommen worden, sagte Mary Honeyball. „Das Wichtigste vom Bericht ist intakt geblieben“. Weiter erklärte sie: “Das heutige Ergebnis ist ein lebendiges Signal der Abgeordneten, dass wir die Ausbeutung der Frauen nicht weiter tolerieren können. Statt der Legalisierung, die in den Niederlanden und Deutschland zu einem Desaster geführt hat, brauchen wir einen nuancierten Ansatz, der die Männer bestraft, die die Körper der Frauen als Gebrauchsgegenstand behandeln, ohne dabei diejenigen zu bestrafen, die in die Prostitution abgeglitten sind.“ Honeyball meint, die Resolution sende „ein starkes Signal“, so sei das „ Europäische Parlament ambitioniert genug, um Prostitution aktiv zu bekämpfen, anstatt sie einfach als unumgängliche Realität zu akzeptieren“. Sie hoffe, Mitgliedsstaaten werden dadurch ermutigt, „den schwedischen Weg zu gehen“. Der Erfolg Honeyballs misst sich daran, dass ein Alternativbericht der grünen Fraktion (Freie Europäische Allianz, EFA), vom Parlament abgelehnt wurde. 238 Abgeordnete stimmten mit Ja und 334 mit Nein dazu. In ihrem kurzen Bericht hatten die Abgeordneten Ulrike Lunacek, Marije Cornelissen, Raül Romeva und Inaki Irazabalbeitia mehr Rechte für Sexarbeiter gefordert. Eine Kriminalisierung der Freier führe hingegen zu einer Verschlimmerung der Arbeitsbedingungen von Prostituierten. Sie betonen die Freiwilligkeit der Sexarbeiter. Anders sehen es nicht nur die Mehrheit der europäischen Abgeordneten, sondern auch 79 internationale Forscher zum Thema, die im Vorfeld der europäischen Abstimmung einen unterstützenden Brief an Honeyball unterschrieben hatten.

Schwarzer sieht Chancen für Freierbestrafung in Deutschland

Für Andrea Matolcsi, zuständig für sexuelle Gewalt und Menschenhandel bei der Non-Profit-Organisation Equality Now ist die Wahl „eine wichtige Anerkennung seitens des Europäischen Parlaments der Zusammenhänge zwischen Prostitution auf der einer Seite und Geschlechtsungleichheit, Menschenrechtsverletzungen und Menschenhandel auf der anderen. Der Bericht betont, dass Staaten die Nachfrage für Prostitution eindämmen sollten, und Personen, die in der Prostitution sind, nicht bestrafen, sondern unterstützen sollten, auch mit Ausstiegsmöglichkeiten. Das heißt, der Bericht unterstützt das, was hunderte von NGOs wollen, inklusive NGOs, die von Frauen geleitet werden, die aus der Prostitution ausgestiegen sind, sowie Dutzende von Akademikern, fordern.“ Auch Alice Schwarzer, Initiatorin des Aufrufs gegen Prostitution in Deutschland, zeigte sich über Honeyballs Erfolg erfreut: „Großartig! Mit dieser Entscheidung hat das EU-Parlament nicht nur einen gewaltigen Schritt Richtung Abschaffung der Prostitution getan, sondern auch einen Schritt Richtung Menschlichkeit. Ich hoffe, dass die Tatsache, dass Europa mehrheitlich ebenso für den Schutz von Prostituierten wie für die Bekämpfung des Freiertums ist, endlich auch Deutschland die Augen öffnet. Die Chancen sind groß, denn die neue Nachdenklichkeit hat ja schon begonnen.“ Die Resolution des Europäischen Parlaments hat keine legislative Kraft, sondern ist eine Empfehlung an die Europäische Kommission, die außerdem keine Richtlinien über Prostitution, sondern nur über Menschenhandel verabschieden kann. Der Bereich Prostitution gehört zu den Kompetenzen der jeweiligen Mitgliedsstaaten. Noch in der Schwebe ist die Frage, ob die EU-Koordinatorin gegen Menschenhandel, Myria Vassiliadou, und die EU-Kommissarin für Innenpolitik, Cecilia Malmström, auf einen direkten Zusammenhang zwischen Menschenhandel und Prostitution pochen werden, um ihre Befugnisse auszuweiten. (pro)
https://www.pro-medienmagazin.de/fernsehen/detailansicht/aktuell/prostitutions-debatte-guter-wille-ohne-realitaetssinn/
https://www.pro-medienmagazin.de/politik/detailansicht/aktuell/mehrheit-der-deutschen-gegen-prostitutionsverbot/
https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/kirche/detailansicht/aktuell/diakonie-chefin-emprostitution-ist-keine-sklavereiem/
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