Politiker ringen um Gesetz zur Organspende

Eine Gruppe von Abgeordneten will die Organspende neu regeln. Am Donnerstag diskutierten Befürworter wie Karl Lauterbach (SPD) und Gegner wie Hermann Gröhe (CDU) im Deutschen Bundestag.
Von Anna Lutz

„Die Entscheidungslösung ist eklatant gescheitert“, begründete Sabine Dittmar (SPD) am Donnerstag ihre Entscheidung, sich für eine Neuregelung der Organspende in Deutschland einzusetzen. Gemeinsam mit Abgeordneten wie Petra Sitte (Linke), Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) hat sie einen entsprechenden Gesetzesvorschlag erarbeitet. Am Donnerstagabend war er Thema im Plenum des Bundestages. 

Dittmar verwies auf höhere Spenderzahlen im Ausland. Die von ihr und anderen Abgeordneten vorgeschlagene „Widerspruchslösung“ sieht vor, dass jeder im Falle seines Todes automatisch Organspender wird, wenn er dem nicht aktiv widerspricht. Derzeit gilt die sogenannte „Entscheidungslösung“, nach der sich jeder freiwillig für oder gegen Organspende entscheidet. Trifft er keine Entscheidung, gilt er im Zweifel nicht als Spender.

„Organspende ist schönster Liebesbeweis“

Karl-Josef Laumann (CDU) sprach im Namen des Bundesrates und machte deutlich, dass es derzeit weit weniger Spenderorgane gebe, als benötigt würden. 8.400 Menschen stünden auf der Warteliste, im laufenden Jahr seien 2.900 Organe von 965 Menschen gespendet worden. Man müsse sich deshalb fragen, ob die Politik das Thema in den vergangenen Jahren richtig geregelt habe. Die eigenen Organe nach dem Tod zu spenden, sei der schönste Liebesbeweis an die Menschheit.

Hermann Gröhe (CDU) hielt seine letzte Rede im Deutschen Bundestag. Darin warb der ehemalige Gesundheitsminister für die Beibehaltung einer Entscheidungslösung bei der Organspende: „Verliert ein Mensch, der sich mit dieser Frage nicht befasst, sein Recht auf Selbstbestimmung? Ich sage: Nein.“ Statt eine Widerspruchslösung einzuführen, müssten die Abläufe bei der Organspende verbessert werden. Entsprechende Schritte seien bereits beschlossen, es mangele aber an der Umsetzung. „Organspende soll bleiben, was sie ist. Ein Geschenk, aus Liebe zum Leben.“

„Ängste der Menschen ernst nehmen“

Der religionspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lars Castellucci, warb dafür, die Ängste und Sorgen der Bevölkerung ernst zu nehmen, anstatt „sie mit einer Widerspruchslösung zu übergehen“. Er gab zu bedenken, dass es Menschen gebe, die nicht in der Lage seien, ihre Meinung auszudrücken: „Auch sie haben ein Recht auf körperliche Unversehrtheit.“

Für einen Eklat in der ansonsten in ruhigem Ton geführten Debatte sorgte Martin Sichert (AfD). Er warf den Antragsstellern, zu denen auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gehört, eine „kommunistische Perspektive“ vor, die fordere, der Körper sei nicht Eigentum des Individuums, sondern des Staates. „Wehret den Anfängen!“, warnte er, denn schon Adolf Hitler habe so gedacht. Weibliche Antragsstellerinnen über 60 beschimpfte er als „alt und unfruchtbar“ und unterstellte Eigennutzgedanken bei der angestrebten Neuregelung. Die stellvertretende Bundestagspräsidentin Aydan Özogus (SPD) ermahnte Sichert daraufhin und bat um eine weiterhin ruhige Debatte. 

Es ist nicht das erste Mal, dass das Thema Organspende im Deutschen Bundestag verhandelt wird. Bereits 2020 strebte eine Gruppe um Jens Spahn die Widerspruchslösung an. Das lehnte der Bundestag mit 379 zu 292 Stimmen und drei Enthaltungen ab. Nun könnte über das Thema noch vor Ende der Legislatur im Februar erneut abgestimmt werden.

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