Am Samstag stand in Berlin Grün gegen Bunt, Leise gegen Laut und Fromm gegen Links. Der jährliche „Marsch für das Leben“ zog nicht nur tausende Christen in die Hauptstadt, um gegen Schwangerschaftsabbrüche zu demonstrieren. Vor dem Berliner Hauptbahnhof warben sie mit grünen Luftballons und Plakaten mit Slogans wie „Verantwortung statt Abtreibung“ oder „Willkommenskultur auch für Ungeborene“ für ihr Anliegen.
„Rauchbombe gezündet“
Auch zahlreiche Gegendemonstranten hatten sich auf den Weg gemacht, um die Veranstaltung zu stören. Mit bunten Perücken, lauter Musik und Trillerpfeifen machten sie rund um den Bahnhofsvorplatz auf sich aufmerksam. Auf mitgebrachten Plakaten zeigten sie Sprüche wie „Die Deutschen sterben aus, wir klatschen Applaus“ oder warben für mehr Feminismus. Immer wieder skandierten sie „Hätt’ Maria abgetrieben, wärt ihr uns erspart geblieben“ oder hielten Kleiderbügel in die Höhe, um an Frauen zu erinnern, die selbige nutzen, um Schwangerschaften selbst zu beenden, wenn die Gesetzeslage anderes verbietet – und dabei nicht nur ihr Kind, sondern auch sich selbst gefährden. Sie mischten sich auch unter die Lebensschützer und zündeten inmitten der Demonstranten eine Rauchbombe.
Bevor die Lebensschützer zu einem mehrere Kilometer langen Schweigemarsch durch die Innenstadt aufbrachen, lobte die Vorsitzende des Veranstalters Bundesverband Lebensrecht, Alexandra Lindner, bei einer Kundgebung die Demonstranten: „Gerade in diesem Jahr ist es sehr wichtig, dass ihr hier seid.“ Damit spielte sie auf die neu aufgekommene Debatte zum Werbeverbot für Abtreibungen an. Über den entsprechenden Paragrafen 219a diskutieren derzeit die Bundespolitiker. Union und AfD setzen sich für den Erhalt ein, SPD, FDP, Linke und Grüne werben für eine Abschaffung oder Neuregelung.
Der aktuelle Konflikt war auch Thema des „Marschs für das Leben“, zu dem in diesem Jahr laut Veranstaltern 5.500 Teilnehmer gekommen waren. Luftballons trugen die Aufschrift „Ja zum 219a“, die Gegenseite trug Plakate mit dem Aufruf „Weg mit 219a“ und forderte zugleich eine gänzliche Abschaffung des Verbots von Schwangerschaftsabbrüchen. Denn in Deutschland wird Abtreibung nur geduldet und ist laut Gesetz nur unter bestimmten Bedingungen straffrei, etwa, wenn zuvor eine Schwangerschaftskonfliktberatung stattgefunden hat.
„Wir sind Frauenrechtler“
Gegenüber Journalisten sagte Lebensschützerin Lindner: „Wir sind Frauenrechtler.“ Denn auch Frauen litten unter Abtreibungen. Schwangerschaftsabbrüche zuzulassen, bedeute „Kapitulation“. Stattdessen müssten Frauen in schwierigen Lagen unterstützt und ermutigt werden.
Während sich die Evangelische Kirche in Berlin erneut nicht am „Marsch für das Leben“ beteiligte, sendete Reinhard Kardinal Marx ein Grußwort für die Deutsche Bischofskonferenz, in dem er den Lebensschützern Gottes Segen wünschte. Neben Volker Kauder (CDU) übermittelte auch Johannes Singhammer (CSU) Grüße. Schriftlich ließ er mitteilen, die Abschaffung des Paragrafen 219a sei ein „falscher Weg“, und weiter: „Deutschland braucht keine Werbung für Abtreibungen sondern Werbung für das Leben.“
Neben Vertretern der Deutschen Evangelischen Allianz wie dem Vorsitzenden Ekkehart Vetter und Generalsekretär Hartmut Steeb nahmen auch die Journalistin Birgit Kelle und ihr Kollege Martin Lohmann an der Demonstration teil. Der evangelische Greifswalder Bischof Hans-Jürgen Abromeit predigte beim Ökumenischen Abschlussgottesdienst. Grüße ließen auch der sächsische Landesbischof Carsten Rentzing sowie sein Württemberger Kollege Frank Ottfried July übermitteln.
Von: Anna Lutz