Schon lange lässt sich das Bundesgesundheitsministerium in Sachen Konversiontherapie beraten, nun hat es in Abstimmung mit anderen Ministerien – etwa dem der Justiz – einen ersten Entwurf für ein Verbot solcher Behandlungen vorgelegt. Und der zeigt: Ganz so einfach lassen sich die Angebote offenbar nicht untersagen. Der Gesetzesentwurf sieht zahlreiche Ausnahmen vor und betrifft auch nur eine bestimmte Personengruppe.
So besagt die Gesetzesvorlage, dass „Behandlungen zur Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität“ bei Minderjährigen unter Strafe gestellt werden sollen. Auch die öffentliche Werbung für solche Therapien soll künftig illegal sein. Bei über 18-Jährigen kann ein Angebot ebenfalls unrechtmäßig sein – dann nämlich, wenn der Teilnehmer zur Therapie gezwungen oder bedroht sowie über den Inhalt getäuscht wird. Andererseits gilt ein Verbot nicht, wenn 16- bis 18-Jährige nachweislich in der Lage sind, die Tragweite der Behandlung zu verstehen und dem zustimmen. Die Behandlungen sind auch nur dann illegal, wenn sie nicht medizinisch anerkannt sind. Von der Regelung ausgenommen sind zudem Therapien von Störungen der Geschlechtsidentität, also zum Beispiel, wenn Personen sich nicht mit ihrem angeborenen biologischen Geschlecht identifizieren können.
Sollte das alles nicht der Fall sein, können die Anbieter von Behandlungen mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr belegt werden. Wer unrechtmäßig für Therapien wirbt oder sie vermittelt, dem drohen bis zu 30.000 Euro Strafe. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung will, auch das ist Teil der Neuregelung, einen Telefon- und Online-Beratungsdienst für Betroffene einrichten. Damit sind Personen gemeint, die Therapien erlebt haben, aber auch solche, die ihre sexuelle Prägung ablehnen oder beruflich mit dem Thema befasst sind.
Und was ist mit Religionsfreiheit und Erziehungsrecht?
Wer die Vorlage liest, merkt schnell: Schwierig bei dem Verbot ist vor allem die Abwägung mit anderen Rechten, etwa dem der Religionsfreiheit oder der Berufsfreiheit der Behandelnden sowie dem Erziehungsrecht der Eltern. So erklären die Verfasser etwa, dass Konversionstherapien nicht durch die Religionsfreiheit gedeckt seien, weil es sich dabei nicht um ein religiöses Ritual handele, „das in spezifischer Weise durch religiöse Schriften oder ähnliches beschrieben und verlangt wird“. Und weiter: „Die Bedeutung steht deutlich hinter derjenigen einer massenhaft durchgeführten Praxis wie etwa einer Taufe oder dem Feiern bestimmter Feste zurück.“
Für Therapeuten gelte: „Zwar beeinträchtigt das Verbot die Berufsfreiheit der Behandelnden, sofern es sich um Angehörige des Gesundheitssystems handelt und die Behandlung in Ausübung ihres Berufs erfolgt. Allerdings besteht kein Nachweis einer Wirkung oder eines therapeutischen Nutzen der Behandlungen, sondern eine Gefahr für die geistige und psychische Gesundheit.“
Und auch die Tatsache, dass das Erziehungsrecht der Eltern eventuell durch eine Regelung beschnitten wird, muss der Gesetzgeber erklären: Denn die Neuregelung kann unter Umständen auch dann greifen, wenn die Behandlung im privaten Rahmen durchgeführt wird. Allerdings nur dann, so beschreibt es das Gesetz, wenn die Eltern dabei ihre Fürsorgepflicht in „gröblicher“ Weise verletzen.
Spahn will das Gesetz noch in diesem Jahr ins Kabinett einbringen, als nächstes dürfte es dann im Frühjahr 2020 im Bundestag besprochen werden. Die Deutsche Evangelische Allianz hatte sich bereits Mitte Mai in einem Schreiben gegen ein Verbot von sogenannten Konversionstherapien gewandt. „Durch ein pauschales Verbot von unscharf definierten Konversionstherapien könnten grundlegende Freiheits- und Persönlichkeitsrechte beschnitten und hilfreiche Angebote erschwert werden“, schrieben der Vorsitzende Ekkehart Vetter und der damalige Generalsekretär der Allianz, Hartmut Steeb. Weiter hieß es: „Der Staat darf kein Therapieziel von vornherein ausschließen und sanktionieren.“