In einem gemeinsamen Statement erklären Wolfgang Thierse und Kerstin Griese im Namen des Arbeitskreises „Christen in der SPD“: „Wir bedauern den Rücktritt von Andrea Nahles. Sie hat in schwerer Zeit Partei und Fraktion geführt und hätte mehr Solidarität verdient, als sie in den vergangenen Wochen und Monaten erhalten hat.“ Es sei falsch gewesen, auf die „existenzbedrohliche Situation der SPD“ mit Schuldzuweisung allein an eine Person zu reagieren. Griese und Thierse fordern nun, dass die SPD sich auf den Kern ihrer Identität besinnt, „eine Politik, die sich auch und nicht zuletzt auf christliche Grundwerte stützt“.
Griese ist Protestantin, Thierse und Nahles sind bekennende Katholiken. Nahles hatte am Sonntag nach interner Kritik ihren Rücktritt als Partei- und Fraktionsvorsitzende erklärt. Sie will auch ihre Bundestagsmandat niederlegen.
Gegenüber pro stellte Griese zudem fest: „Zum Ergebnis der Europawahl und zur Lage der SPD haben viele öffentlich Stellung bezogen, einige wussten alles schon immer besser und waren aber nicht immer solidarisch. Doch Schuldzuweisungen und Besserwisserei helfen nicht weiter.“ Nahles habe als erste Frau an der Spitze ihrer Partei mehr Kritik erfahren, als alle Männer vor ihr. „Ich finde, heute kann man auch mal innehalten, über den Umgang miteinander nachdenken, Besserung geloben und dann geordnet nach vorne schauen“, erklärte Griese schriftlich. Die SPD werde noch gebraucht.
Bis ein neuer Vorsitz gewählt ist, werden die Ministerpräsidentinnen von Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz, Manuela Schwesig und Malu Dreyer, sowie Thorsten Schäfer-Gümbel, Vorsitzender der SPD Hessen, die Partei kommisarisch gemeinsam führen. Alle drei waren bisher stellvertretende Bundesvorsitzende. Am 24. Juni wird der Bundesvorstand über das weitere Verfahren beraten. Dann entscheidet sich auch, wann auf einem Bundesparteitag ein neuer Vorsitz gewählt wird.
Von: Anna Lutz