Ralph Brinkhaus, seit Ende September Vorsitzender der Unions-Bundestagsfraktion, besucht regelmäßig die katholische Frühmesse während der Sitzungswochen in Berlin. „Man kommt dort auf die grundsätzlichen Fragen zurück“, sagte er im Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS). In der Messe könne er sich gedanklich freimachen. Als Katholik orientiere er sich an christlichen Werten. „Ich setze mich mit Gott auseinander. Für mich sind Fragen des Glaubens aber etwas sehr Privates.“
Zum christlichen Menschenbild seiner Partei sagte Brinkhaus, jeder Mensch sei frei, müsse aber gegenüber seinen Mitmenschen solidarisch sein. Insgesamt werde zu wenig über Werte gesprochen. Organisationen wie Parteien oder die Kirchen verlören an Bindungskaft. „Da ist eine große Leerstelle entstanden.“ Aber die Menschen wollten dennoch wissen, was sie „jenseits von Gesetzen und Vorschriften“ im Leben leite.
Die Frage nach Migration und Flüchtlingen sei für ihn auch eine nach den Werten, erklärte Brinkhaus. „Schützen wir den anderen nur dann, wenn er aus Deutschland kommt? Oder sehen wir in dem anderen, dem Fremden, dem Flüchtling, auch den Nächsten?“ Für eine Partei, die sich auf christliche Werte berufe, sei die Antwort klar. „Natürlich haben wir, soweit es uns möglich ist, eine Verantwortung für alle Menschen auf der Welt. Ich halte das für eine Selbstverständlichkeit, wenn man sich zum ‚C‘ bekennt.“
Er warb dafür, dass auch Atheisten und Menschen anderen Glaubens in der CDU mitarbeiten. Als letzte Volkspartei müsse die Union für die Menschen offen sein, die in Deutschland leben und ihre Wurzeln in anderen Ländern haben – „sofern sie sich zu den Grundsätzen der Partei bekennen“.
„Traditionelle Medien werden nicht mehr gehört“
Brinkhaus warnte im Interview der FAS vor Kampagnen in den Sozialen Medien, die häufig Falschmeldungen und Diffamierungen verbreiteten, wie es etwa jüngst zum Migrationspakt der Fall gewesen sei. Trollfabriken und Bots, also Roboter-Programme, sorgten dafür, solche Informationen kostengünstig weit zu verbreiten. Die traditionellen Medien würden oft nicht mehr gehört, wenn sie versuchten, Dinge einzuordnen.
Viele Demokratien entfernten sich derzeit immer weiter von einem transparenten Prozess der Meinungsbildung. „Das greift den Kern unserer Demokratie an. Aber wir nehmen das seltsam gelassen hin.“ Auch bei der Europawahl im kommenden Jahr könnten Parteien und populistische Kräfte das Meinungsklima über Bots im Internet beeinflussen. Hier auch gesetzlich einzugreifen, hält Brinkhaus für denkbar. So könnten Plattformbetreiber verpflichtet werden, anzuzeigen, wie viele und welche Nachrichten über Bots verbreitet werden.
Von: Jonathan Steinert