Der Vorstand der Deutschen Evangelischen Allianz stellt sich gegen eine „Pflicht zur Organspende“. Diese sieht er in der von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgeschlagenen Neuregelung namens „Doppelte Widerspruchslösung“. Dabei ginge der Staat davon aus, dass jeder Bürger Organspender ist, solange er oder seine Angehörigen dem nicht widersprechen.
Die Allianz sieht darin einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht und die Würde des Menschen. Als strittig bezeichnet das evangelikale Netzwerk außerdem die Definition des Hirntods und warnt vor einem Paradigmenwechsel: „Der Tod gehört zum Leben, das darf eine Gesellschaft nicht verdrängen. Menschen sterben, weil sie krank sind, nicht, weil ihnen ein Dritter seine Organe vorenthält.“ Es müsse eine Regelung gefunden werden, die Spenderzahlen erhöhe, die Menschen aber auch frühzeitig über das Thema informiere. Die Allianz wünscht sich eine bessere Erfassung der Spendenbereitschaft und mehr qualifiziertes Personal in den Krankenhäusern. Außerdem solle Deutschland sich für eine Eindämmung des internationalen Menschenhandels zur Entnahme von Organen einsetzen.
Mindestens zwei Vorschläge auf dem Tisch
Spahn selbst widersprach im Rahmen einer Debatte zur Organspende im Deutschen Bundestag am Mittwoch dem Vorwurf, sein Gesetzesvorschlag bedeute eine Spendepflicht. Wenn überhaupt impliziere es die Pflicht dazu, sich einmal im Leben mit dem Thema auseinanderzusetzen. „Das einzige Recht, das dabei beschnitten würde, wäre das Recht, sich keine Gedanken zu machen“, sagte Spahn. Unterstützer fand er im SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach oder im Fraktionskollegen Georg Nüßlein.
Parlamentarier wie Kerstin Griese (SPD), Annalena Baerbock (Grüne) oder Katja Kipping (Linke) plädierten hingegen für eine „verpflichtende Entscheidungslösung“. Dabei würde die Abfrage der Spendenbereitschaft an die Beantragung von Ausweispapieren gekoppelt. Wenn etwa der Ausweis in Auftrag gegeben wird, erhielte jeder Deutsche entsprechendes Informationsmaterial und gäbe seine Entscheidung bekannt, wenn er das Dokument einige Zeit später abholt. Im kommenden Jahr will der Deutsche Bundestag das Thema weiter besprechen.
Von: Anna Lutz