Ralph Brinkhaus ist bisher keiner, der öffentlich über seinen Glauben spricht. Das ist einer der größeren Unterschiede zu seinem Vorgänger im Amt des Unionsfraktionschefs, Volker Kauder. Ansonsten haben die beiden Männer bis auf knapp zwanzig Jahre Altersunterschied einiges gemeinsam: Sie sind hervorragende Redner, die ihre Ansprachen im Deutschen Bundestag meist frei und auf den Punkt vortragen. Wo andere zittrig ein Blatt Papier bemühen, treten diese beiden Herren mit leeren Händen ans Pult – und bringen ihre Anliegen überzeugend an Mann und Frau. Kauder und Brinkhaus gelten beide als Politiker mit Wertebasis. Kauder als Protestant und Brinkhaus als Katholik stehen für das C im Parteinamen. Und beiden ist der Einsatz für die Religionsfreiheit ein Herzensanliegen.
Bei Kauder ist letzteres allseits bekannt. Beim 50-jährigen Brinkhaus bisher weniger, was auch daran liegen mag, dass er vielen Politikbeobachtern bis dato ohnehin selten aufgefallen ist. Das liegt nicht an seinem mangelnden Talent. Stattdessen schien er bisher schlicht wenig Wert auf Öffentlichkeit zu legen. Als Finanzpolitiker sind seine Themen ohnehin nur selten Publikumsmagnet. Das wird sich nun ändern. Der Fraktionsvorsitzende steht im Licht der Öffentlichkeit. Eine Öffentlichkeit, die Kauder erfolgreich nutzte, um das Thema der Christenverfolgung bekannt zu machen. Es ist zu erwarten, dass Brinkhaus ebenfalls für die Religionsfreiheit kämpfen wird.
Einsatz für Mor Gabriel
Seit vielen Jahren ist der Ostwestfale im Stephanuskreis der Union engagiert. Gemeinsam mit anderen Abgeordneten christlicher Überzeugung wie Frank Heinrich, Peter Tauber oder Steffen Bilger setzt er sich dort überkonfessionell für die weltweite Religionsfreiheit ein. Bedeutsam ist vor allem sein Einsatz für das türkische Kloster Mor Gabriel. Seit Jahren liegen die dortigen Christen im Streit mit dem Staat, der die Enteignung anstrebt und teilweise bereits durchsetzte. Im Mai dieses Jahres allerdings gab die Regierung Besitztümer an Mor Gabriel zurück.
Im Jahr 2012 war das Kloster und sein Konflikt mit der Türkei auch Thema im Deutschen Bundestag. Brinkhaus gehörte damals gemeinsam mit Volker Kauder zu den Verfassern eines Antrags, der die Bundesregierung dazu aufforderte, den Fortbestand des Klosters zu sichern. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte dafür. Brinkhaus war zuvor selbst zwei Mal in die Türkei gereist, um das Kloster zu besichtigen und mit den Christen vor Ort zu sprechen.
Auf seiner Internetseite schreibt Brinkhaus, Religionsfreiheit sei für ihn ein „ausgesprochen hohes Gut“. Weiter heißt es: „Niemand sollte bei der Ausübung seiner Religion beeinträchtigt werden, und niemand sollte andere Beeinträchtigungen in Kauf nehmen müssen, weil er einer bestimmten Religion angehört. Als Christ habe ich es mir deshalb zum Ziel gesetzt, mich vor allem für die Achtung der Rechte von christlichen Minderheiten weltweit einzusetzen.“
Strengere Regeln in Flüchtlingspolitik
Brinkhaus steht allerdings auch für eine härtere Gangart in der Flüchtlingspolitik. Insider verorten ihn in dieser Frage eher auf der Seite der CSU. Im März 2014 sprach er auf Einladung der Christdemokraten für das Leben über das Thema Christenverfolgung. Medienberichten zufolge erklärte er damals, den Christen in Syrien müsse zwar geholfen werden. Nehme Deutschland aber zu viele von ihnen auf, dann sei der Nahe und Mittlere Osten bald christenfrei. In derselben Veranstaltung warnte er vor einem zu lauen Christentum in Deutschland: Kaum eine Frau werde noch Nonne, nur noch wenige Männer würden Pfarrer. Selten treffe man Christen, die wirklich Zeugen ihres Glaubens seien. Die Deutschen trügen eine Mitschuld daran, dass der christliche Glaube verloren gehe.
Die nächsten Monate werden zeigen, wie eindrücklich Brinkhaus selbst bereit ist, Zeuge seines Glaubens zu sein. Kauder galt als Freund der Evangelikalen, sprach wiederholt auf der Allianzkonferenz in Bad Blankenburg und betonte auch seinen eigenen Glauben. Er veröffentlichte sogar ein Buch über seine liebste Bibelstelle. Brinkhaus hingegen hat bisher eher deutlich gemacht, dass er die Hilfe am Nächsten als seine christliche Aufgabe versteht und weniger den öffentlichen Bezug auf seine eigene Person. Als Bekenntnis geht freilich beides durch.
Von: Anna Lutz