Matthias Drobinski beobachtet einen Entfremdungsprozess zwischen der CSU und den Kirchen. So habe der Bamberger Domkapitular Peter Wünsche per Facebook – nach 44 Jahren – seinen Austritt aus der Partei mitgeteilt, weil diese nicht mehr seinem Wertesystem entspreche. Auch der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki bezeichnete die Politik der CSU und ihre „Machtspielchen“ als „selbstverliebt und eiskalt“.
Andererseits spricht CSU-Generalsekretär Markus Blume davon, dass seine Partei die christliche Prägung und deren Werte oftmals offensiver vertrete als die Kirchen. Parteikollege Thomas Goppel wirft den Kirchen fehlende Verbindlichkeit vor. Für Drobinski war das Verhältnis „nie konfliktfrei“ und es habe häufig Streit gegeben. Was sich gerade abspiele, sei schlimmer als die Scharmützel der Vergangenheit und gleiche einer Entfremdung.
Dabei habe die CSU das Gespür für die Stimmung im Freistaat und vieler gesellschaftlicher Gruppen verloren. Damit sie ihr Profil schärfen könne, verschärften Politiker ihre Rhetorik. Die CSU wolle zeigen, dass in Bayern bestimmte Wertmaßstäbe noch gälten. Auf der anderen Seite verlören die Kirchen viele Mitglieder und damit Einfluss.
Immer weniger Vermittler
Der Autor nennt Beispiele, die die schwierige und unübersichtliche Lage zeigen. Für den Kruzifix-Erlass hatten die Kirchen Markus Söder scharf kritisiert. Es habe aber auch Stimmen gegeben, die sich darüber freuten, dass dort ein Politiker endlich einmal etwas Christliches für das Land tue. Debatten über Flüchtlinge, grenzenlosen Konsum, die christliche Tradition und den Islam zögen sich durch die Kirchen und die CSU. Die Jüngeren beider Seiten stünden dabei oftmals sprachlos voreinander.
„Für mache Kirchenleute sind die CSUler herzlose Populisten, denen der Wahlsieg im Oktober wichtiger sei als jede Menschlichkeit. Manchem CSUler wiederum gelten die Kirchenvertreter als naive Gutmenschen, Selbstverleugner halt, wie es CSU-Generalsekretär Markus Blume im Kruzifix-Streit formuliert hat“, schreibt Drobinski. Leider gebe es immer weniger Menschen, die zwischen beiden Seiten vermitteln könnten. Blume betont, dass das Verhältnis beider weiterhin eng bleibe. „Das bereitet eben manchmal besondere Schmerzen“, bilanziert Drobinski.
Von: Johannes Blöcher-Weil