Der konvertierte Christ Ahrun (richtiger Name soll nicht genannt werden) wurde am 3. Juli nach Afghanistan abgeschoben. Zuvor lebte er acht Jahre lang im bayerischen Weiden und galt dort als gut integriert, hatte einen Job. Ahrun stand laut dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, in engem Kontakt mit einer Kirche in dem oberpfälzischen Ort. Für die Gemeinde dort sei er ein „Bruder in Christus“, kein gefährlicher Migrant gewesen. In seinem Fall bescheinigte die evangelische Kirche vor Gericht, dass Ahruns Bekenntnis zum Christentum ernsthaft sei, berichtet die Süddeutsche Zeitung (SZ) am Samstag.
Justirisch sei der Fall noch nicht beendet, erklärt Ahruns Anwalt, Christopher Sprung, in dem Beitrag. Sein Mandant sei asylrechtlich abgelehnt worden, aber nicht ausländerrechtlich. Denn nach acht Jahren könnten Ausländer in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, so sie nachhaltig integriert seien. Ahrun hatte den Antrag dafür im Frühjahr gestellt, berichtet die SZ. Die Einladung zu einer Anhörung habe der Anwalt jedoch erst einen Tag vor der Abschiebung erhalten.
Scharfe Kritik an den Behörden
Ahrun war laut dem SZ-Beitrag Dekan Wenrich Slenczkas Schützling. Als die Medien dieser Tage über einen Selbstmord eines abgeschobenen Afghanen in Kabul berichten, bekommt der Geistliche es mit der Angst zu tun und versucht, mit Ahrun in Kontakt zu treten. „Ich schrieb einfach irgendwas, um ein Lebenszeichen zu bekommen“, sagt Slenczka laut Süddeutscher Zeitung. Der Afghane habe kurz geantwortet. Laut BR ist er mit dem 26-jährigen Afghanen per Mail und Whatsapp in Kontakt. Doch der Dekan sei weiter in Sorge um Ahrun.
Wegen Depressionen sei Ahrun schon länger in Behandlungen gewesen, habe auch mal Suizidgedanken gehabt, schildert Slenczka. Nach abgelehnten Asylanträgen sowie Folge- und Eilanträgen kam Ahrun in die Psychiatrie. Im Abschiebegefängnis hatte er versucht, sich etwas anzutun. Er hatte eine Verletzung am Kopf. Darüber sprach auch Bedford-Strom in einer Predigt am vergangenen Wochenende. Ihn bewegt das Schicksal des jungen Mannes, der in seinem Geburtsland aufgrund seines Glaubens um sein Leben fürchten muss.
Dekan Slenczka übt scharfe Kritik an den Behörden: „Jemanden aus der Psychiatrie abzuholen, der sich noch nie etwas zu schulden kommen lassen hat, eine Wohnung und eine Arbeit hat, seit acht Jahren hier lebt, ist überhaupt nicht nachvollziehbar“, sagte er der SZ.
Auch in Kontakt mit dem Abgeschobenen ist dessen ehemaliger Chef, Mohamed Nakhostin. Er leitet ein Teppichgeschäft. Der Afghane meldete sich am 4. Juli via Whatsapp bei Nakhostin. Er sei am Kabuler Flughafen, sei gerade zu sich gekommen und wisse nicht, wie er dort gelandet sei. „Nicht einmal bei dem Tod seines eigenen Vaters habe er so geweint wie in dem Moment“, heißt es in dem SZ-Beitrag, in dem Nakhostin Ahruns Empfinden beschreibt. Er wolle Ahrun zum einen zurückhaben, zum anderen ihm Geld schicken. Doch das sei kompliziert ohne ein Konto in Afghanistan. Ahrun kann ohne seine Papiere, an die er zu kommen versuche, keine Arbeit finden. Er lebe in einer kleinen Wohnung eines Studenten mit drei weiteren Bewohnern.
Von: Martina Blatt