„Einen Menschen, der nach intensiver Vorbereitung und Taufe vom Islam zum Christentum übergetreten ist, würde ich aktuell nicht nach Afghanistan abschieben.“ Das erklärte der Beauftragte für Religionsfreiheit, Markus Grübel (CDU), am Donnerstag auf Anfrage von pro. Die Beantwortung der Frage, ob eine Taufe wahrhaftig oder zum Schein geschehe, obliege den Kirchen und nicht staatlichen Einrichtungen wie dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
„Wird unterstellt, dass Flüchtlinge sich nicht ernsthaft taufen lassen“
Derzeit sorgt der Fall eines nach Afghanistan abgeschobenen Straftäters für Aufsehen, der sich am Dienstag in Kabul das Leben nahm. Am vergangenen Sonntag beschäftigte sich zudem der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland in einer Predigt in Berlin mit der Frage, ob christliche Konvertiten in das Krisengebiet abgeschoben werden sollten. Er berichtete von einem ihm bekannten Mann, der wie der Verstorbene seit acht Jahren in Deutschland gelebt habe, bevor er ebenfalls Anfang Juli nach Afghanistan abgeschoben wurde.
Noch in Deutschland soll auch er einen Suizidversuch unternommen haben. Der Mann habe keine Familie mehr in Afghanistan, alle Angehörigen seien bei Kämpfen umgekommen. Seine Heimatgemeinde im oberpfälzischen Weiden habe ihn nach intensiver Unterweisung getauft. Sie bete auch jetzt weiter für ihn. Bedford-Strohm zitierte in seiner Predigt auch den zuständigen Dekan mit den Worten: „Es wird einfach durchgehend unterstellt, dass sich Flüchtlinge nicht ernsthaft taufen lassen.“
„Keine staatliche Religionsprüfung“
„Es ist rechtlich gar keine Frage, dass eine staatliche Stelle wie das BAMF in unserem Staat keine Glaubensexamina abnehmen kann oder Beweise für Bekehrungserlebnisse einfordern könnte. Wir haben Religionsfreiheit und keine staatliche Religionsprüfung“, erklärte Grübel schriftlich. In der Vergangenheit habe es da „manche Unbeholfenheit“ gegeben, der Grundsatz an sich sei aber unumstritten. „Ob jemand zum Christentum konvertiert und sich taufen lässt, das ist eine Entscheidung der Gemeinden. Das führt aus meiner Sicht zu einer besonderen Verantwortung der Gemeinden und taufenden Pfarrerinnen und Pfarrer für die Betroffenen, auch über die Taufe hinaus“, so Grübel.
Zur Predigt des EKD-Ratsvorsitzenden in der vergangenen Woche erklärte er: „Niemand kann eine Abschiebepraxis gut finden, in eine Situation, in der Menschenrechte, also auch das Recht auf Religionsfreiheit, nicht gewährleistet sind.“ Der Staat müsse sicherstellen, dass dies nicht geschehe. „Es ist für uns in Deutschland unvorstellbar, wie lebensgefährlich es in anderen Regionen sein kann, sich als Christ zu erkennen zu geben. Und besonders schwierig ist dabei die Lage für die Konvertiten, also Menschen, die die Glaubenszugehörigkeit gewechselt haben“, äußerte Grübel.
In der Vergangenheit hatte es immer wieder Streit darüber gegeben, ob und wie das BAMF die Wahrhaftigkeit einer christlichen Konversion prüfen sollte. Denn für Flüchtlinge gilt: Wer belegen kann, dass er aufgrund seiner religiösen Überzeugung in der alten Heimat verfolgt wird, kann eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Unter anderem hatten Verterter der Kirchen immer wieder kritisiert, dass das Bundesamt in Interviews die Wahrhaftigkeit des Glaubens zu erfragen versuche und auf Basis dessen über das Schicksal der Asylberwerber entscheidet.
Von: Anna Lutz