Neuer Streit zwischen AfD und Kirche

Sie streiten über Flüchtlingspolitik, Spenden und Kirchentagsteilnahmen: Seit die AfD in der großen Politik mitspielt, liegt sie mit Teilen des organisierten Christentums in Deutschland über Kreuz. Sichtbar wird das derzeit besonders im Osten Deutschlands.
Von Anna Lutz
Chef der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag: Alexander Gauland

Einerseits ist die AfD von je her darum bemüht, ein frommes Publikum anzusprechen. Die Partei um Alexander Gauland betont das Thema Lebensschutz, will gegen eine Islamisierung des Abendlandes vorgehen und erklärt nicht nur auf Wahlkampfplakaten, das traditionelle Familienmodell sei vor allen anderen fördernswert. Andererseits bemüht sie immer wieder die öffentliche Aufmerksamkeit für ihren Kampf gegen die christlichen Großinstitutionen.

Finanzierung der Kirchen prüfen

So teilte die AfD-Fraktion in Sachsen-Anhalt am Dienstag mit, ihr stellvertretender Vorsitzender Tobias Rausch werde aus der Evangelischen Kirche austreten. Seine Landeskirche sei unglaubwürdig, er selbst werde wegen seines politischen Engagements von ihr ausgegrenzt. Rauch schlägt vor: AfD-Unterstützer sollten ihre Kirchensteuer zurückerhalten und die Finanzierung der Kirchen durch Landesmittel müsse verstärkt geprüft werden.

Vorangegangen waren diverse Streitigkeiten zwischen Kirche und AfD im Osten Deutschlands. Denn auch kirchliche Einrichtungen weisen immer wieder öffentlichkeitswirksam darauf hin, es sei besser, sich von der AfD fernzuhalten. Die Diakonie Mitteldeutschland etwa hatte kirchliche Einrichtungen laut Evangelischem Pressedienst davor gewarnt, Spenden der AfD entgegenzunehmen. Als Grund dafür gab Leiter Christoph Stolte an, Vertreter der Partei spendeten oft zweckgebunden und versuchten so, „unseren Auftrag umzudeuten, christliche Nächstenliebe anders zu definieren und Grenzen in der Zuwendung zum anderen zu ziehen“.

Gemeinsam mit Bischöfin Ilse Junkermann von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und dem Bischof des Bistums Magdeburg, Gerhard Feige, gehört Stolte auch zu den Unterzeichnern der Erklärung „Gegen ein Klima der Angst und Denunziation“ vom 19. März. Darin heißt es, die AfD in Sachsen-Anhalt stelle die Grundzüge einer demokratischen Gesellschaft in Frage. Der Chef der Landtagsfraktion, Oliver Kirchner, sieht darin eine „Ausgrenzung Andersdenkender“. „Dieses Verhalten kirchlicher Vertreter – gerade in Ostdeutschland – ist absolut inakzeptabel“, teilte er mit.

„Kirchen höhlen Rechtsstaat aus“

Tatsächlich eskaliert der Streit zwischen AfD und Kirchen derzeit nicht nur in Sachsen-Anhalt. In Thüringen hinterfragt die Partei gezielt die Praxis des Kirchenasyls, wie der MDR am Dienstag berichtete. In einem Antrag der AfD heißt es, auf diesem Wege höhlten die Kirchen den Rechtsstaat aus. Außerdem könne das Kirchenasyl Rückzugsräume für Straftäter bieten.

„Die Kirchen sollen sich um den Seelenfrieden der Menschen kümmern, gerne auch um karitative Zwecke. Aber die Aggressivität, mit der die Kirchen versuchen, in einer ganz bestimmten Weise Politik zu beeinflussen, geht mir zu weit“, zitiert der Sender dazu den parlamentarischen Geschäftsführer der Thüringer AfD-Fraktion, Stefan Möller.

Kirchenaustritt als Drohung

Auf Bundesebene liegen Kirchen und AfD ebenfalls im Clinch. Diskutiert wird etwa darüber, ob Vertreter der Partei Raum bei christlichen Großveranstaltungen bekommen sollen. Derzeit fordern 47 Theologen aus Deutschland eine Ausladung des religionspolitischen Sprechers der Bundes-AfD, Volker Münz, vom Katholikentag im Mai in Münster. Dieser bezeichnet das als „feige und unchristlich“ und erklärt: „Zur Demokratie und zum Christsein gehört zumindest, dass man einander zuhört.“

Eine ähnliche Debatte entstand im Zuge des letztjährigen Evangelischen Kirchentags in Berlin. Nach langem Hin und Her ermöglichten die Protestanten im Mai ein öffentliches Zusammentreffen mit der damaligen AfD-Vertreterin Anette Schultner und dem Bischof der berlin-brandenburgischen Landeskirche, Markus Dröge. Im Nachhinein warf die Partei der Kirche eine Inszenierung vor. An einem echten Dialog sei sie nicht interessiert gewesen. Parteisprecher Jörg Meuthen sprach von einer „grundsätzlichen und tiefen Problematik“ im Verhältnis der Amtskirchen zur AfD. Meuthen nannte das „radikal“ und „unbiblisch“. Außerdem sprach er von einer „Diffamierung“ durch Kirchenobere. Auch Meuthen erklärte damals, er denke über einen Kirchenaustritt nach. Dazu aufrufen wolle er aber nicht.

Von: Anna Lutz

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