Zwischen Union und SPD ist ein Streit um Werbung für Schwangerschaftsabbrüche entbrannt. Nachdem das Amtsgericht Gießen in der vergangenen Woche eine Ärztin wegen solcher unerlaubter Werbung zu 6.000 Euro Strafe verurteilt hat, fordert die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Eva Högl, den entsprechenden Paragrafen zu streichen. Ihre Fraktion arbeite bereits an einem Gesetzesentwurf, erklärte sie nun gegenüber pro.
„Es kann nicht sein, dass ein bloßer Hinweis auf legales ärztliches Handeln dazu führt, dass gegen Ärzte ermittelt wird und das wie jetzt in diesem Fall sogar zu einer Verurteilung führt“, erklärte Högl. Eine erhöhte Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen durch Werbung fürchtet sie nicht. Stattdessen werde durch solcherlei Reklame das Recht auf Information gewahrt. Sie teile nicht die Auffassung des Amtsgerichts Gießen. Högl kritisierte eine Rechtsunsicherheit für Ärzte. Deshalb müsse der entsprechende Paragraf gestrichen werden.
Abtreibungen nicht grundsätzlich erlauben
Auch das in Deutschland geltende gesetzliche Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen sähen viele in ihrer Fraktion kritisch und befürworteten eine Streichung, erklärte Högl. Die Fraktion wolle sich aber nicht für eine Änderung dieser Regelung einsetzen.
Andere Töne kamen am Montag aus der Union. Die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker, teilte mit: „Es darf kein Geschäftsmodell gefördert werden, das auf der Tötung ungeborenen Lebens beruht.“ Jede Frau habe die freie Entscheidung darüber, ob und wann sie Kinder haben wolle, welche Partner sie habe und welche Verhütungsmittel sie anwende. „Ist ein Kind gezeugt, geht es aber nicht mehr nur um sie selbst, sondern auch um das Lebensrecht des Ungeborenen“, erklärt Winkelmeier-Becker.
Union fürchtet Verharmlosung
Der frauenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Marcus Weinberg, findet: „Wer in einer Ausnahmesituation ist, in der eine Abtreibung in Frage kommt, sollte gut informiert sein und eine möglichst freie, unbeeinflusste Entscheidung treffen.“ Der Abwägungsprozess sei für Frauen oft existenziell. „Gerade in dieser Zeit sollten Versuche der Beeinflussung – etwa durch Werbemaßnahmen – unterbleiben“, argumentierte der Politiker und fürchtet darüber hinaus eine Verharmlosung von Schwangerschaftsabbrüchen durch Werbung.
Schwangerschaftsabbrüche sind laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuches in Deutschland illegal und können für den Durchführenden mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden. Straflos bleiben sie innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen, wenn die werdende Mutter den Abbruch verlangt hat und nachweisen kann, dass sie eine Beratung in Anspruch genommen hat. Die Beratung soll laut Gesetz auf den „Schutz des ungeborenen Lebens“ hin ausgerichtet sein. So begründet sich auch das Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche. Wer dennoch für Abtreibungen wirbt, kann bisher mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden.
Von: Anna Lutz