Vor dem Treffen der Koalitionspartner am Mittwoch hatte die SPD eine Gesetzesinitiative für die „Ehe für alle“ ins Gespräch gebracht. Im Koalitionsausschuss konnten sich Union und SPD bei dem Streitthema nicht einigen. Uwe Heimowski, der Beauftragte der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA) beim Deutschen Bundestag und am Sitz der Bundesregierung, schildert im Interview mit pro seine Sicht auf die aktuelle Debatte.
pro: Die SPD hat erneut die „Ehe für alle“ in der Regierungskoalition zur Diskussion gestellt. Halten Sie das für eine Wahlkampfstrategie oder eine überfällige Gretchenfrage?
Uwe Heimowski: Beides. Das Thema ist ja nicht neu. Aber es lässt sich im Wahlkampf besonders bei jungen Menschen gut verkaufen. Was viele nicht wissen: Mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz gibt es in Deutschland einen rechtlichen Schutz für homosexuelle Paare. Und die Ehe ist gemäß Paragraph 6 Grundgesetz besonders geschützt. Daran zu rütteln, nur weil es gut ankommt, ist mindestens fahrlässig.
Die Frage der Homosexualität sorgt innerevangelikal immer wieder für Debatten. Wie ist die Position der DEA zur „Ehe für alle“?
Die Deutsche Evangelische Allianz steht eindeutig zur klassischen Ehe und Familie, bestehend aus Mann und Frau und gegebenenfalls Kindern. Wir sind – und das sage ich ausdrücklich – gegen die Diskrimierung von Homosexuellen. In vielen Lebenspartnerschaften werden klassische Werte wie Treue und Verantwortung praktiziert. Aber wegen einer Minderheit eine Keimzelle unserer Tradition und Gesellschaft in Frage zu stellen, ist absurd.
Wird die Diskussion zu dem Thema fair und differenziert geführt? Wie ist Ihre Wahrnehmung?
Innerhalb des Koalitionsausschusses scheint mir eine faire Diskussion stattzufinden, Positionen werden ausgetauscht. Die „Ehe für alle“ hat darin keine Mehrheit gefunden. Gesellschaftlich nehme ich etwas anderes wahr. Wer sich konservativ äußert, wird mitunter sehr schnell als „homophob“ abgekanzelt. Dabei hat er immerhin das Grundgesetz auf seiner Seite.
Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich gegen die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare ausgesprochen. Müssen evangelikale und konservative Christen jetzt katholisch werden?
Wir könnten ja alle mal einen Kaffee beim Papst trinken. (lacht) Im Ernst: Es ist ja häufig so, dass wir in ethischen Fragen der Katholischen Kirche nahe stehen. Aber es gibt ja noch eine Menge anderer biblisch-theologischer Fragen, die ebenfalls eine Rolle spielen. Wir sind und bleiben „evangelische“ Allianz. Innerhalb des Protestantismus haben wir als Bewegung unseren Raum und vertreten unsere Positionen. Und wir freuen uns über die deutliche Stellungnahme unserer katholischen Geschwister.
Vielen Dank für das Gespräch.
(pro)
Die Fragen stellte Norbert Schäfer