Wenn Donald Trump am 20. Januar als 45. US-Präsident ins Amt eingeführt wird, erwartet ihn traditionell geistlicher Beistand. Trumps Team hat dafür den Sohn des Evangelisten Billy Graham, Franklin Graham, ausgewählt. Franklin Graham leitet das Missionswerk „Samaritan’s Purse”, das sich unter anderem weltweit für arme Kinder einsetzt. Er hatte sich im Wahlkampf nicht eindeutig zu Trumps Gunsten positioniert, war aber nach der Wahl mit dem designierten Präsidenten aufgetreten.
Graham bezeichnete seine Aufgabe als eine Ehre und ein Privileg. „Wir brauchen Gottes Segen für unser Land und unseren neuen Präsidenten, Donald J. Trump“, schrieb er auf Facebook. „Ich werde dafür beten – Sie auch?“
Trumps Auswahlkomitee teilte mit, dass außerdem der Erzbischof von New York, Kardinal Timothy Michael Dolan, sowie Pastor Samuel Rodriguez einen Beitrag zur Amtseinführung leisten sollen. Rodriguez ist der Präsident der nationalen Konferenz für lateinamerikanische Führungskräfte. Der Gründer und Vorstand des Simon-Wiesenthal-Zentrums, Rabbi Marvin Hier, wird auch beteiligt sein. Die Gruppe an Geistlichen ist größer als bei jeder Amtseinführung seit der von Ronald Reagan.
„Ich bin sehr erfreut darüber, mitzuteilen, dass eine so bunte Zusammenstellung von Geistlichen mit Lesungen und Gebeten zur Vereidigung von Donald Trump beitragen“, sagte der Vorsitzende des Komitees zur Amtsübernahme, Tom Barrack, laut dem Nachrichtensender CNN. „Sie ehren damit die Rolle religiösen Glaubens in unserer multikulturellen und pulsierenden Gesellschaft.“
„Paula White ist eine Scharlatanin und Irrlehrerin“
Mit von der Partie soll auch die umstrittene Pastorin Paula White sein. White ist mit Trump befreundet und wird von evangelikalen Christen immer wieder als „Wohlstandspredigerin” kritisiert. Der konservative Theologe Erik Erikson nannte White eine „Irrlehrerin“, Russel Moore von der Ethik-Komission der Südlichen Baptisten nannte sie eine Scharlatanin, die von keinem gläubigen Christen ernst genommen werde.
Die christliche Bloggerin Paula Bolyard schrieb: „Paula White hat eine Serie von Pleiten und gescheiterten Ehen hinter sich, damit ist sie die perfekte Wahl, um für einen Präsidenten zu beten, der erklärt hat, er habe Gott noch nie um Vergebung gebeten.“
Auch für die Tageszeitung Washington Post ist die Auswahl Whites ein Thema. Der Theologieprofessor Michael Horton schreibt dort am Dienstag in einem Kommentar, Christen sollten sich über die Lehren Whites empören. Die Idee, das richtige Maß an Glaube führe zu Gesundheit und Reichtum, sei „nicht nur ein anderes Evangelium, sondern eine andere Religion“.
Auch Rick Warren sorgte für Kritik
Die Beteiligung von Geistlichen bei der Amtseinführung von US-Präsidenten hat eine lange Tradition. Franklin Graham war bereits bei den Amtseinführungen von Bill Clinton und George W. Bush beteiligt, sein Vater Billy Graham war an den Amtseinführungen von Richard Nixon, George H. W. Bush, Bill Clinton und George W. Bush beteiligt.
2009 sprach der Pastor und Autor des Buches „Leben mit Vision“, Rick Warren, ein Gebet für Barack Obama. Die Einladung Warrens hatte unter Obamas Unterstützern für Kritik gesorgt, da Warren die gleichgeschlechtliche Ehe ablehnt.
UPDATE 5.1.2017:
Paula White hat gegenüber CBN News zu der Kontroverse um ihre Person Stellung genommen und erklärt, das volle Evangelium zu vertreten – also nicht nur Reichtum und Gesundheit, sondern auch Aspekte von Armut und Leid. (pro)
Von: lre