„Die Kirche sollte sich mit eigenen, kontroversen Beiträgen und Vorschlägen in politische und gesellschaftliche Diskussionen ‚einmischen‘.“ Das wünscht sich der amtierende Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) für das Verhältnis von Kirche und Staat. Gemeinsam mit neun anderen Politikern äußert er sich in der Zeit-Beilage Christ & Welt zu der von Bayerns Finanzminister Markus Söder angestoßenen Debatte, wie sich Politik und Kirche im Umgang mit dem jeweiligen Gegenüber verhalten sollen. Kirche könne stärker als der Staat im Namen der Barmherzigkeit und Nächstenliebe agieren und andere Schwerpunkte setzen, findet der CDU-Mann.
Für den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff haben Christen und Kirchen an vielen Stellen zum geeinten und freien Europa beigetragen: nicht zuletzt bei der Wiedervereinigung. Bei häufig herrschendem Egoismus und Isolationismus sei es wichtig, „einander in Liebe zu dienen“. „Mehr Kirche, mehr Christen, das geht zulasten von niemandem, wäre aber zum Nutzen aller“, sagt Wulff. Kirche stünde für Anstand, Barmherzigkeit und Gemeinsinn – selbst wenn einzelne Vertreter hin und wieder über ihr Ziel hinaus schießen würden. Die große Chance der Kirchen bestehe darin, Pessimismus und Hass, Glaube, Hoffnung und Liebe entgegenzusetzen.
„Eine lebendige Kirche schaltet sich ein“
Ähnlich sieht es CSU-Staatssekretärin Dorothee Bär. Das Christentum mit seinen Werten sei ein Pfeiler der Gesellschaft. Kirche agiere zugleich als Helfer und Mahner: „Eine lebendige Kirche schaltet sich ein, versteigt sich aber nicht dazu, der bessere Politiker sein zu wollen.“ Für den CDU-Bundestagsabgeordneten Frank Heinrich mischen sich die Kirchen zu wenig ein. Er nimmt das Wirken der Kirchen als konstruktiv und mahnend wahr.
Die Chefin der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Gerda Hasselfeldt, sieht das wertvolle Engagement der Kirchen. Dies beginne bei der Vermittlung von Werten, erstrecke sich auch über die Jugendarbeit und die Versorgung von Flüchtlingen. Sie schätze den Rat der Kirchen als wichtigen Ansprechpartner, aber auch Mahner – sei man doch auf einem gemeinsamen Weg unterwegs.
„Christlicher Glaube ist weit mehr als Politik“
Aus seinem christlichen Glauben keinen Hehl macht Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Den eigenen Glauben könne man nur „glaubwürdig bezeugen, wenn wir selbst für eine menschenfreundlichere Welt eintreten. Christlicher Glaube ist weit mehr als Politik – aber niemals unpolitisch!“ Ihn motiviere die biblische Botschaft zum gesellschaftlichen Engagement. Von der Kirche wünsche er sich, dass sie die Menschen mit dem Anspruch und Zuspruch des Evangeliums begleite.
Für Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der Christdemokraten im Europaparlament, leisten Kirchen und Christen einen wichtigen Beitrag zum Kitt der Gesellschaft. Sie seien immer Mahner und Gestalter in Zeiten des Umbruchs gewesen. Widersprüchlich sei es, wenn praktisches Engagement gewünscht sei, aber dies nicht politisch sein dürfe. Wenn Kirche in den vergangenen Jahrhunderten aus dem politischen Raum verbannt worden ist, habe es sich um keine guten Zeiten gehandelt: „Deshalb bin ich überzeugt. Kirchen und Christen müssen sich politisch zu Wort melden, heute notwendiger denn je.“
Christliche Werte kraftvoll und selbstbewusst vertreten
Für den Fraktionsvorsitzende der CDU im Thüringer Landtag, Mike Mohring, ist Kirche immer politisch. Kirchen seien klug beraten, abzuwägen, wann sie sich zu welchen Themen äußerten. Bischöfe und Kirchenleitungen böten immer eine Perspektive, aber es gebe nie die eine christliche Perspektive. Für ein Einmischen wirbt auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Aktive Christen sollten sich auf allen Ebenen der Gesellschaft engagiert zu Wort melden: egal, ob in der Politik oder in den Vereinen und die Werte dabei „mit großer Überzeugung selbstbewusst und kraftvoll vertreten“.Merkel: Christliche Lieder nicht nur bei der AfD (pro)
Steinmeier: Politik vom Christentum geprägt (pro)