In der Gesellschaft gären antireligiöse Vorurteile. Das erklärte der evangelische Theologe Rolf Schieder von der Humboldt-Universität zu Berlin bei der Tagung „Religion ist (nicht) Privatsache“ der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Beschneidungsdebatte vor zwei Jahren habe ein „enormes Unverständnis“ für religiöse Rituale offenbart. Es herrsche ein „grundlegendes kulturelles Unbehagen“ in Fragen des Glaubens vor. „Religionskonflikte werden zu einem Kulturkampf“, folgerte Schieder. Er kritisierte einen Mangel an religiöser Selbständigkeit in Deutschland. Der Staat kümmere sich in Form des Religionsunterrichts sogar um die religiöse Erziehung. Schieder wünscht sich deshalb eine „Selbstaktivierung der Gläubigen“.
Wie die Vertreter einzelner Religionen ihre Rolle in der Gesellschaft sehen, zeigte eine Interviewrunde mit Vertretern von Katholiken, Juden, Muslimen und evangelischen Christen. Die Rabbinerin Gesa Ederberg erklärte, sie habe sich während der Beschneidungsdebatte geradezu „hilflos“ gefühlt. Die Ablehnung des jüdischen Glaubens habe sie als radikal wahrgenommen. Lobend hob sie die „große christliche Solidarität“ mit den Juden in Deutschland hervor.