Das belgische Parlament hat am Donnerstag über die Ausweitung der aktiven Sterbehilfe auf todkranke Kinder und Jugendliche entschieden: Minderjährige haben in dem Land nun ein Recht darauf.
Das belgische Parlament hat entschieden: Kinder haben ein Recht auf Sterbehilfe
Monatelang hatte es bereits Kritik von Seiten der Kirche und Patientenverbände gegeben. Wie bereits im Vorfeld vermutet, kam die erforderliche Mehrheit der Kammer zusammen und entschied für die Gesetzesänderung.
Das neue Gesetz sieht jedoch Einschränkungen vor: Das Kind oder der Jugendliche muss unheilbar krank sein, an schlimmen Schmerzen leiden, den Wunsch zu sterben mehrfach geäußert haben und in der Lage sein, seine Situation und die Folgen seiner Entscheidung einzuschätzen. Diesen Entschluss müssen Ärzte und Psychologen bestätigen. Zudem müssen die Eltern zustimmen.
Belgien ist damit weltweit das erste Land, das nun aktive Sterbehilfe für Minderjährige ohne Altersbegrenzung erlaubt. In der EU ist Sterbehilfe für Kinder ab zwölf Jahren in den Niederlanden und Luxemburg erlaubt. In Deutschland ist sie verboten.
„Warum wird die Ausweitung der Sterbehilfe auf Minderjährige mit Fortschritt gleichgestellt?“, fragte Sonja Becq von den flämischen Christdemokraten schon vor Beschluss des Gesetzes in einem Bericht der Tagesschau. „Bin ich feige, weil ich mich für das Leben entscheide?“
Doch die Mehrheit der Abgeordneten argumentierte wie die Liberale Carina van Cauter: „Der Gesetzentwurf, der vorliegt, geht aus von einem Recht auf ein menschenwürdiges Lebensende. Ein Grundrecht auch für Minderjährige – insofern ist es der urteilsfähige Minderjährige, der die Bitte um Sterbehilfe selbst vorbringen muss.“ Im Parlament stimmten 86 Abgeordnete für das neue Gesetz, 44 dagegen. 12 Parlamentarier enthielten sich.
Ärzte wollen Legalisierung, Kirche nicht
Im Herbst veröffentlichten 16 Kinderärzte einen Appell für die Legalisierung. Sie wollten, dass Minderjährige ein Recht auf aktive Sterbehilfe haben, so wie es bei Erwachsene in Belgien bereits seit 2002 der Fall ist.
Auch die Katholische Kirche äußerte sich vor der Debatte: „Man beurteilt die Jugend als rechtlich nicht geeignet, wichtige wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen“, bemerkte der Chef der belgischen Bischöfe, André-Joseph Léonard, vergangene Woche bei einer Andacht in der Brüsseler Koekelberg-Kirche. „Und plötzlich sollen sie fähig sein zu entscheiden, dass man sie sterben lässt.“
Nach der Entscheidung meldeten sich die Christen laut der Deutschen Presseagentur (dpa) erneut zu Wort: Die belgischen Bischöfe erklärten in einer Stellungnahme, sie seien enttäuscht von dem Beschluss des Parlaments, einem Kind das Recht zu geben, seinen eigenen Tod zu verlangen: „Dies verletzt das Verbot, zu töten.» Das Gesetz stelle die Basis des menschlichen Zusammenlebens infrage. Nach Ansicht der Bischöfe steht nun die Tür offen, um auch Behinderte, Demenzkranke, Geisteskranke oder Lebensmüde in die aktive Sterbehilfe einzubeziehen.
Damit es in Kraft tritt, muss noch der belgische König Philippe das Gesetz unterzeichnen. (pro)
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