Der neue Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat ein Sterbehilfe-Verbot gefordert. Der Gesetzgebungsprozess liegt auf Eis, seit FDP und Union sich nicht einigen konnten. Doch auch die neuen Koalitionspartner fanden zuletzt keinen gemeinsamen Weg.
Von PRO
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Hermann Gröhe will eine neue Debatte zum Thema Sterbehilfe
„Ich wünsche mir, dass wir jede geschäftsmäßige Hilfe zur Selbsttötung unter Strafe stellen“, sagte Gröhe der Rheinischen Post. Er erklärte, wer mit den Ängsten der Menschen vor dem Sterben ein Geschäft machen wolle und sich für Hilfe zur Selbsttötung bezahlen lasse, handele „überaus verwerflich“. Wer die Selbsttötung als Ausdruck der Freiheit des Menschen verkläre, versündige sich an der Wertschätzung des menschlichen Lebens in allen seinen Phasen.
Gröhes Vorgänger Daniel Bahr (FDP) hatte sich gemeinsam mit der ehemaligen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) für einen Gesetzesentwurf stark gemacht, der zwar ein Verbot kommerzieller Sterbehilfe vorsah, Ärzten und Pflegern die Hilfe zum Suizid in Ausnahmefällen aber beispielsweise erlauben sollte. Im Entwurf heißt es: „Erforderlich ist ein auf gewisse Dauer angelegtes zwischenmenschliches Verhältnis, das ähnliche Solidaritätsgefühle wie unter Angehörigen hervorruft und deshalb beim Suizidwunsch des anderen zu einer vergleichbaren emotionalen Zwangslage führt.“ Schon damals äußerten Mediziner und der Koalitionspartner Union Kritik an der Formulierung. Sie fürchteten, dass so im Zweifel auch Sterbehilfevereine, die sich über Mitgliedsbeiträge tragen, nicht belangt werden können. Das Gesetz wurde bis heute nicht mehr abschließend im Bundestag verhandelt.
Widerstand kam damals auch von den Kirchen: Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, hatte mehrfach erklärt, ihm gehe der Gesetzentwurf nicht weit genug. Er erachte jede Sterbehilfe als problematisch, auch die ehrenamtliche. Die Deutsche Bischofskonferenz war mit Schneider einer Meinung. „Man kann nur hoffen, dass sich der Entwurf des Bundesjustizministeriums nicht im Kabinett durchsetzt“, hieß es.
„Es reicht nicht, Sterbehilfe einfach zu verbieten“
Gröhe will nun eine neue Debatte zum Thema. Doch auch zwischen Union und SPD gibt es Uneinigkeit, was die Sterbehilfe angeht. Im Koalitionsvertrag wurde dieser Komplex ausgespart. Die SPD wünschte sich schon während der Verhandlungen eine Debatte dazu im Bundestag statt starrer Regelungen im Vorfeld. Nun forderte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Carola Reimann erneut eine breite Debatte: „Wir haben in der Vergangenheit gute Erfahrungen damit gemacht, ethische Fragen in fraktionsübergreifenden Gesetzentwürfen zu klären.“ Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt sagte: „Es reicht aber nicht, Sterbehilfe einfach zu verbieten.“ Vielmehr müsse das Thema des würdevollen Sterbens insgesamt auf die politische Agenda.
Mit seinem Vorstoß reagierte Gröhe auf eine Initiative verschiedener Prominenter wie Fritz J. Raddatz oder Udo Reiter, die in den vergangenen Monaten eine Erlaubnis aktiver Sterbehilfe in Deutschland gefordert hatten. Jedes Jahr würden von den Krankenkassen auch 100.000 Schwangerschaftsabbrüche bezahlt. „Warum soll es bei der Sterbehilfe nicht so gehen?“, fragte etwa der ehemalige MDR-Intendant Reiter, der nach einem Autounfall seit 1966 querschnittsgelähmt ist. Gegen diese Sichtweise protestierte der frühere SPD-Minister Franz Müntefering vor einigen Tagen in der Süddeutschen Zeitung. Es empöre ihn, dass hier „aus Angst vor dem unsicheren Leben ein sicheres Ende gesucht und der präventive Tod zur Mode der angeblich Lebensklügsten gemacht werden“ solle.
Zuspruch aus der Medizin
Rückendeckung erhielt Gröhe nun auch von der Bundesärztekammer. „Der Minister rennt damit bei uns offene Türen ein“, sagte Präsident Frank Ulrich Montgomery am Dienstag dem Berliner Tagesspiegel. Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz hofft auf ein gänzliches Verbot von Sterbehilfe, sei sie kommerziell oder unentgeltlich: „Denn wenn ein Prinzip falsch ist, kommt es nicht mehr auf die Frage an, ob Geld fließt oder nicht“, sagte Vorstand Eugen Brysch laut Evangelischem Pressedienst (epd).
Die Beihilfe zum Suizid ist derzeit in Deutschland nicht gesetzlich geregelt. Sterbehilfe leistet jemand, wenn er einem Patienten ein tödliches Medikament überlässt. Verabreicht er es selbst, ist dies aktive Tötung auf Verlangen. Sie steht unter Strafe.
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