Aus dem am Mittwoch vorgestellten Papier der EKD scheine eine grundsätzliche Neutralität der Autoren zur klassischen Ehe und Familie durch, teilte Schmidt gegenüber der Presse mit. „Das kann einer christlichen Konfession und deren Vertretern nicht genügen. Streckenweise liest sich diese Handreichung wie ein ungewürztes und kalorienarmes Berliner Allerlei“, teilte der Bundestagsabgeordnete, der auch stellvertretender Bundesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU ist, mit.
In der Pressemitteilung heißt es darüber hinaus, dass in der neueren Geschichte das Familienbild des Sozialismus in eigenartig distanzierter Form positiv dargestellt werde. Dies zeige sich auch durch den Trend der staatlich organisierten Kinderbetreuung. Zudem weist Schmidt darauf hin, dass das Familienbild der EKD sich so weit vom katholischen Familienbild entfernt habe, dass es keinerlei Auseinandersetzung mit ökumenischen Fragen erkennen lasse.
„Ich kann dieser – vorsichtig ausgedrückt – zurückhaltenden Bewertung von Ehe und Familie nicht folgen“, schreibt Schmidt und kritisiert auch die „offensichtlich allzu gerne aufgenommene Überinterpretation“ der Position des Bundesverfassungsgerichts zu Artikel 6 des Grundgesetztes, die er für fragwürdig halte. Zudem entstehe der Eindruck, dass die „monogame Familie“ für die Werte- und Gesetzgebung nicht mehr relevant sei. Dies stimme nicht: „Andere Lebensformen selbstverständlich ja, aber keine Form- und Wertelosigkeit der Ehe als solche bitte!“
Bundes-EAK braucht Bedenkzeit
Der bundesweite Evangelische Arbeitskreis der CDU/CSU will sich noch nicht offiziell zur Orientierungshilfe der EKD äußern. Bundesgeschäftsführer Christian Meißner erklärte am Freitag gegenüber pro, der EAK wolle sich genau mit dem in vielerlei Hinsicht problematischen Papier auseinandersetzen, um dann zu gegebener Zeit differenziert, ausgewogen und ausführlich Stellung zu nehmen. „Das heißt nicht, dass es an unserer Position irgendeinen Zweifel gibt. Die Ehe zwischen Mann und Frau hat eine herausgehobene Position, und sie ist nicht vergleichbar mit anderen Lebensentwürfen“, erklärte Meißner. Dass der EAK sich momentan zurückhalte, bedeute weder Rückzug noch Ausflucht: „Wir wollen demnächst eine umfassende eigene Stellungnahme zum Thema ‚Ehe und Familie‘ vorlegen“, kündigte Meißner an. Daran werde bereits intensiv gearbeitet. „Das Thema ist zu wichtig, als dass es nach einer kurzen Empörungswelle wieder in der Versenkung verschwindet.“
Kritik auch aus der FDP
Auch der evangelische Pfarrer und FDP-Bundestagsabgeordnete Pascal Kober sieht bei der „Orientierungshilfe“ einige Defizite. Zwar stimmt er laut der Zeitung Die Welt theologisch der Anerkennung verschiedener familiärer Lebensformen voll zu, auch bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Aber: „Dass die theologische Begründung recht kurz gerät, ist schade. Denn die Beschreibung der gesellschaftlichen und rechtlichen Veränderungen nimmt so breiten Raum ein, dass der Eindruck entstehen kann, die Kirche reagiere eben doch nur auf gesellschaftliche Entwicklungen, statt sich an Schrift und Bekenntnis und klaren theologischen Gründen zu orientieren.“
Das Papier der EKD gehe auf viele für Christen wichtige Fragen nicht ein und biete keine breite theologische Argumentation. Zudem sei das Männer-Bild der Evangelischen Kirche beklagenswert: „Ihrer Perspektive und ihren Bedürfnissen wird kaum Raum gegeben“, sagte Kober. Die Situation der Familien werde darüber hinaus zu negativ beschrieben. „Sehr tendenziös“ und „teilweise falsch“ sei die EKD-Analyse der sozialen Verhältnisse deutscher Familien sowie der Lage von Müttern auf dem Arbeitsmarkt.
SPD lobt EKD
Kerstin Griese, Sprecherin des Arbeitskreises Christinnen und Christen in der SPD sowie kirchenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, begrüßte hingegen das „moderne Familienbild“ der Kirche: „Wir brauchen eine einladende Kirche, die in der Mitte der Gesellschaft steht. Dazu ist ein zeitgemäßes und lebensnahes Verständnis des Zusammenlebens der Menschen, wie es hier deutlich wird, unabdingbar.“ Die EKD begleite Familien auch beim Scheitern und trage zu einem offenen Umgang mit veränderten Realitäten bei. Griese teile die Ansicht, dass insbesondere Familien mit Kindern die volle Unterstützung der Gesellschaft brauchen, unabhängig davon ob sie in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, bei Alleinerziehenden oder mit Vater und Mutter aufwachsen. (pro)