Eine unbegrenzte Zulassung der PID relativiere das christliche Menschenbild, teilte der Rat der EKD mit. Dieses gründe sich darauf, "dass der Mensch nicht sein eigener Schöpfer ist, sondern dass sich alles Leben Gott verdankt. Darin, dass jeder Mensch zum Gegenüber Gottes geschaffen ist, liegt die unableitbare, nicht verzweckbare Würde eines jeden Menschen begründet". Eine mit einer Zulassung der PID bei bestimmten Krankheitsbildern zwingend gegebene "Selektion zwischen lebenswertem und nichtlebenswertem Leben" sei damit "nicht vereinbar". Auch "ein Leben mit Behinderung" sei "in die ganze Bandbreite der Ebenbildlichkeit Gottes" eingeschlossen. Der Rat der EKD sei sich allerdings bewusst, "dass auch die Nichtzulassung der PID anderen Menschen nicht oder kaum Erträgliches zumuten kann".
Unter den Mitgliedern des Rates gebe es unterschiedliche Meinungen zur Bewertung von Konstellationen, bei denen die Anwendung von PID nicht die Funktion hätte, zwischen behinderten und nicht behinderten Embryonen zu unterscheiden, sondern die Aufgabe, lebensfähige Embryonen zu identifizieren. Diese Fälle unterschieden sich nach dieser Auffassung von anderen dadurch prinzipiell, dass es hier nicht um die Frage von Krankheit und Gesundheit, von behindert und nicht behindert, von "lebenswert" und "nicht lebenswert" gehe, sondern um "Lebensfähigkeit und Lebensunfähigkeit". Nur in diesen Fällen würde die künstliche Befruchtung in Verbindung mit der PID allein dem Ziel dienen, Leben zu ermöglichen. Deshalb sei zu bedenken, ob eine Zulassung der PID mit dem Ziel verantwortbar sei, lebensfähige Embryonen zu identifizieren. Dazu heißt es in der Erklärung: "Liegt bei Eltern eine solche genetische Veranlagung vor, dass mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der Embryo schon während der Schwangerschaft lebensunfähig ist, könnte die Möglichkeit eingeräumt werden, die PID zuzulassen." Für diese Fälle "müssten Verfahren gefunden werden, die eine angemessene Begleitung und Beratung der Eltern sicherstellen und einen Missbrauch des eröffneten Weges verhindern".
Dieses hielten einige der Mitglieder des Rates für ethisch vertretbar, andere Ratsmitglieder lehnten auch diese Ausnahme ab, heißt es in der Mitteilung der EKD. Sie sähen die Gefahr, dass das Leben unterschiedlich bewertet wird. Gleichwohl betonten alle Mitglieder des Rates, dass unbeschadet dieser unterschiedlichen Meinungsbildung die Erklärung gemeinsam getragen werde.
Steeb: "Dankbar, dass der Rat der EKD am Verbot festhält"
Gegegenüber pro begrüßte der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, ausdrücklich die Entscheidung. "Ich bin dankbar, dass der Rat der EKD am Verbot der selektiv wirkenden Präimplantationsdiagnostik festhält. Das ist eine wichtige Stellungnahme für die aktuelle politische Diskussion und stärkt die Position derer, die zu Recht die PID weiterhin als verboten ansehen und die gesetzliche Regelung für dieses Verbot klarstellen wollen." Diese Entscheidung sei nicht von einem Nein zu diagnostischen Möglichkeiten getragen, sondern von einem Ja zum menschlichen Leben und der jedem menschlichen Leben ausnahmslos zustehenden Würde.
Mit Hilfe der PID werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen auf Erbkrankheiten hin untersucht, bevor sie in den Mutterleib eingepflanzt werden. Sie können aussortiert werden, wenn eine Fehlgeburt oder das Heranwachsen eines behinderten Kindes droht. Der Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider hatte bisher immer wieder betont, dass er eine Zulassung der PID nicht grundsätzlich ablehnt. Noch Ende Januar erklärte er in Berlin: "Christlicher Glaube und christliche Ethik können nicht zu allgemeingültigen Normen und nicht zu zeitlos gültigen Prinzipien führen." Neben der Betrachtung der befruchteten Eizelle dürfe deshalb die Situation der Mutter und der gesamten Familie nicht aus dem Blick geraten. Für eine christlich-ethische Urteilsbildung müssten neben theologischen immer auch seelsorgerliche Erwägungen Berücksichtigung finden. Noch 2003 hatte sich der Rat der EKD für ein Komplettverbot der PID ausgesprochen. (pro)