Rund 20 Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus allen Fraktionen hatten die SPD-Abgeordnete Leni Breymaier und der CDU-Abgeordnete Frank Heinrich im letzten Bundestag um sich geschart. Sie wollen die Gesetzgebung für Prostitution verändern und machen sich für ein Sexkaufverbot stark. Dass sie bisher kaum Unterstützung haben, ficht sie nicht an. Im neu gewählten Parlament werde der Arbeitskreis „Pornografie und Prostitution“ heißen und weitermachen, sagt Breymaier. Heinrich ist nicht mehr dabei, er wurde in seinem Wahlkreis in Chemnitz nicht wiedergewählt.
Die SPD-Politikerin Breymaier hält die Anerkennung der Prostitution als Dienstleistung für falsch. Sie wurde von der damaligen rot-grünen Regierung vor 20 Jahren beschlossen. „Das Problem ist, dass an der Prostitution alle verdienen, nur nicht die Frauen“, sagt sie. Diese aber machten eine Arbeit, die Menschen so kaputtmache wie keine andere, ist die frühere Vize-Vorsitzende des DGB Baden-Württemberg überzeugt. Sie beschäftigt sich seit 15 Jahren mit dem Thema und hat in Stuttgart den Verein Sisters e.V. mitgegründet, der sich für den Ausstieg aus der Prostitution einsetzt.
Für die 61-jährige Politikerin ist Prostitution ein Menschenrechtsthema: „Es geht darum, dass die Frauen als Ware behandelt werden, dass sie gedemütigt werden, dass ihnen Gewalt angetan wird – und dass diese Gesellschaft das weiß und zuschaut“, sagt Breymaier: „Die freie selbstbestimmte Sexarbeiterin ist ein Mythos.“
„Nordisches Modell“ in Schweden seit 1999
Für die Verbände der Prostitutionsbranche sind Breymaiers Aktivitäten eine Provokation. Als sie im vorigen Jahr staatliche Corona-Hilfen für Bordelle als Unterstützung für Kriminelle bezeichnete, die in ihren Betrieben Frauen zur Prostitution zwängen, zeigten Bordellbesitzer sie wegen Verleumdung an. Die Berliner Staatsanwaltschaft stellte die Verfahren ein.
Breymaier weiß um ihr „Nervpotenzial“, wie sie selbst sagt, auch in der eigenen Partei, die derzeit ein Sexkaufverbot ablehnt, wie auch alle anderen im Bundestag vertretenden Parteien. Danach machen sich Freier und Bordellbetreiber strafbar, Prostituierte hingegen nicht. Schweden hat eine solche Gesetzgebung 1999 eingeführt, daher die Bezeichnung „Nordisches Modell“; sieben weitere Länder sind gefolgt.
Keine neuen Restriktionen unter Ampel-Koalition
Am hörbarsten rumort es bei dem Thema in der Union. Die Frauen Union der CDU ist „perspektivisch“ für ein Sexkaufverbot. Die Bundestagsfraktion präsentierte im März dieses Jahres einen Katalog für restriktivere Regelungen. Die meisten Vorschläge waren mit der SPD nicht umzusetzen, bedauerte die bisherige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Nadine Schön (CDU). Die einflussreiche Saarländerin wurde nicht wiedergewählt, damit verliert die Fraktion auch eine Expertin für das Thema Prostitution.
Eine Ampel-Koalition wird eher nicht auf neue Restriktionen setzen. SPD, FDP und Grüne wollen zwar Gewalt, Zwang und Menschenhandel schärfer verfolgen, nicht aber die Prostitution im Ganzen kriminalisieren. Vielmehr wollen sie die Rechte der Prostituierten stärken. Die frauenpolitische Sprecherin der Grünen Ulle Schauws sagt, eine Debatte über ein Sexkaufverbot werde wohl auch in der neuen Legislaturperiode nicht geführt werden.
Die FDP-Frauenpolitikerin Nicole Bauer bilanziert, die bisherigen Gesetze hätten nicht „den erhofften Erfolg gebracht“. Es brauche aber kein Sexkaufverbot, sondern Prävention und die Sanktion strafbarer Handlungen wie Menschenhandel. Die AfD-Familienpolitikerin Mariana Harder-Kühnel spricht sich dagegen aus, „freiwillige Prostitution zu kriminalisieren“. Die Linken wollen die soziale Absicherung der Sexarbeiterinnen verbessern und an der Anerkennung von Prostitution als Beruf festhalten, sagt die Frauenpolitikerin Cornelia Möhring. Sie bescheinigt den Befürwortern eines Sexkaufverbots zwar „laut undwahrnehmbar“ zu sein, bezweifelt aber, „dass es mittlerweile mehr Zustimmung zum nordischen Modell gibt“.
Leni Breymaier glaubt gleichwohl, dass seit der Liberalisierung Anfang der 2000er Jahre einiges in Bewegung gekommen ist. Man könne nicht ignorieren, „was in der Prostitution tatsächlich läuft“, sagt sie: „Da bricht etwas auf“.
5 Antworten
Wenn die Leute wüssten, was hinter den Kulissen läuft, wären sofort alle dafür.
Das Schlimme ist, dass die Zwangsprostituierten so tun müssen, als seien sie glücklich, sonst bekommen sie nicht genug Freier um ihr Tagespensum zu schaffen. Dann gibt es kein Essen, geschlafen wird im Bad statt im Bett, es gibt Schläge mit nassen Handtüchern, die Angehörigen und Freunde daheim werden gequält und das Ganze per Video übertragen usw.
Und selbst WENN mal einige Menschenhändler erwischt werden, fallen die Strafen in Deutschland eher gering aus.
In Spanien hingegen wurden dieses Jahr 2 Brüder zu insgesamt 181 Jahren Haft ohne vorzeitige Entlassung verurteilt. Sie hatten u.a. einem Mädchen, das sich nicht prostituieren wollte, mit einer Machete den Arm abgeschlagen, und sie mit ihrem eigenen Arm bis zur Ohnmacht geprügelt. Vor den Augen der anderen Mädchen, um diese gefügig zu machen.
Der Artikel weiter unten ist von 2019, da waren es erst 108 Jahr. 2021 kamen noch 73 Jahre hinzu.
https://www.thesun.ie/news/3740789/romanian-pimp-brothers-put-metal-balls-in-their-penises-to-make-rapes-more-painful-and-chopped-off-prostitutes-arm-with-samurai-sword/
Deine Analysen sind sehr gut, Rex. Auch ich weiß ganz genau, dass die gesamte Prostitutionsindustrie ein gigantisches Verbrechertum ist. Ja, auch ich bin ein Todfeind von der Prostitution insgesamt. Auch in meinen Augen müssen alle Formen der Prostitution abgeschafft werden. Ich persönlich bin ein Todfeind des Sexismus. Wenn ich diesen Artikel lese, dann bin ich über Bauer, Schauws, Möhring und Harder-Kühnel entsetzt. Und wenn ich diesen Artikel weiter analysiere, dann muss ich allmählich anfangen zu glauben, dass nur die beiden ältesten und größten Parteien SPD und CDU sich wirklich so wie ich für das vollständige Sexkaufverbot aussprechen. Obwohl ich lange Zeit nur der Linkspartei und der FDP unter den Bundestagsparteien getraut habe, stelle ich nun fest, dass ich in mir eine frische neue Groko-Liebe aufbauen sollte. So sei es denn. Dann möchte ich mich diesen beiden Großparteien wieder positiv annähern. Ja, diese parteiliche Nähe zu den beiden ist für mich voll in Ordnung.
Ein totales Sexkaufverbot ist in Deutschland höchstwahrscheinlich verfassungsrechtlich nicht durchsetztbar. In Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz heißt es: „Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er die Rechte anderer nicht verletzt….“. Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem Urteil festgestellt, dass Prostitution unter das Recht der freien Berufswahl nach Artikel 12 GG fällt.
Es bleibt also festzustellen, wer als Kunde oder Kundin das Recht selbstbestimmter und freiwillger Prostituierter auf körperlicher und seelischer Unversehrheit achtet, darf nach Artikel 2 Abs. 1 GG nicht bestraft werden.
Die bestehenden Gesetze sollten besser durchgesetzt werden und wo nötig ergänzt werden, ohne die Prostitution zu kriminalisieren.
Selbstverständlich möchte niemand Zwangsprostitution oder Prostitution aus Verzweiflung verteidigen.
Ich wage aber, anzuzweifeln, dass ein Verbot des Gewerbes diese Probleme verbessert – das haben schon viele Länder versucht, und jedes Mal hat es nur dazu geführt, dass sich die Bedingungen für die Prostituierten verschlechtert haben.
Die Verzweiflung ist ja immer noch da, nur muss dann die Prostitution über illegale Wege über Gangs etc. abgewickelt werden. Super.
„Die freie selbstbestimmte Sexarbeiterin ist ein Mythos.“ – warum genau?
Sicherlich, es gibt viele Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, die durch Menschenhandel oder Zwang zu dem Job gekommen sind. Das Problem hierbei ist allerdings nicht, dass sie eine sexuelle Dienstleistung anbieten, sondern dass sie das gegen ihren Willen tun müssen.
Menschenhandel und Zwangsprostitution sind bereits Strafbestände. Verbesserungen in der Verfolgung dieser können sicherlich sinnvoll sein.
Ein Verbot der Arbeit selbst ist davon allerdings vollkommen unabhängig.
Diese ganze Aboli-Bewegung riecht nach Menschen, die ihre persönliche Meinung zur Prostitution über das Menschenrecht zur beruflichen Selbstbestimmung stellen (welches, übrigens, genauso gegen Zwangsprostitution spricht).
Frauen müssen nicht Bemüttert und Infantilisiert werden. Es gibt Frauen, die gerne Sex haben. Die das vielleicht sogar so gerne haben, dass sie es zu ihrer beruflichen Orientierung machen wollen.
Da einzugreifen, weil man es sich persönlich nicht vorstellen kann, ist grober Unfug und ein veraltetes Weltbild, was Frauen mangelnde sexuelle Selbstbestimmung vorwirft.
Ein Sexworkverbot ist nicht im Sinne des Feminismus.
Ein Sexkaufverbot ist sehr wohl im Sinne des Feminismus und der Christianisierung. Das strenge Verbot dieses perversen Gewerbes verbessert die gesamte Situation sogar sehr stark und schafft die Probleme zum Großteil aus der Welt wegen der so entstehenden Errichtung einer besonders effizienten antisexistischen Gesamtstruktur. Und diese durch das abolitionistische Verbot zustandekommende antisexistische Gesamtstruktur bewirkt mit effizienten Mitteln wie der Sensibilisierung, Ächtung und Verfolgung von Sexualismus und Sexualmaterialismus die komplette Zerstörung der sexistischen Macho- und Desperadokultur und der Sexkultur insgesamt. Und fast jedes Mal, als Länder den Sexkauf verboten haben, bewirkte dieses Verbot die Verbesserung der Bedingungen für Prostituierte insgesamt. Und dann muss die Prostitution keinesfalls über illegale Wege abgewickelt werden. Denn die Ausgrenzung und Verfolgung gegen die Sexkäufer ist dann groß genug, dass diese für das ganze Volk belastenden Kreaturen dann schön zerstört werden. Und das ist sehr gut. Ein Verbot der Sexarbeit ist nicht von der Zwangsprostitution unabhängig, sondern mit ihr meist kontinuierlich verbunden. Einige Frauen müssen bei diesem Thema intensiver therapeutisch kontrolliert werden, notfalls auch mit dem Mittel der Infantilisierung. Sexualität als Beruf ist glasklar ein Verbrechen, weil sich diese Personen am Aufbau sexistischer Strukturen in der Gesellschaft beteiligen. Die Selbstbestimmung endet schon dort, wo trotz Freiwilligkeit beider Seiten frevelhafte oder missratene Gesellschaftsstrukturen entstehen.