Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen im Münchener Missbrauchsgutachten zunächst geschwiegen. Danach entschuldigte er sich in einem Brief bei den Opfern sexuellen Missbrauchs. In einem Interview des Wochenmagazins Die Zeit verteidigt sein Privatsekretär Georg Gänswein dieses Vorgehen und weist Vertuschungsvorwürfe entschieden zurück.
Neben Benedikt XVI. warf das Gutachten der Münchener Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl anderen Geistlichen der Erzdiözese München und Freising Fehlverhalten im Umgang mit Fällen von sexuellem Missbrauch vor. 1980, als Ratzinger Erzbischof des Bistums war, wurde ein als Missbrauchstäter bekannter Priester zunächst in München aufgenommen und später wieder als Seelsorger eingesetzt.
Ratzinger habe damals nichts von der Vergangenheit des Mannes gewusst, betont Gänswein. Der Priester sei auch erst wieder auffällig geworden, als Ratzinger schon Präfekt der Glaubenskongregation in Rom gewesen sei. Auch das Vorgehen im Umgang mit dem Gutachten verteidigt er. Benedikt XVI. habe nichts zu verbergen und stelle sich den Fragen der Kanzlei.
„Unsaubere und suggestive Fragen“
„Welcher Sturm wäre über ihn hereingebrochen, wenn er sich geweigert hätte, an der Missbrauchsaufarbeitung mitzuwirken?“, fragt Gänswein. Ein Nein hätte zwangsläufig zu einer Vorverurteilung geführt. Allerdings kritisiert Gänswein etliche Fragen der Kanzlei als „unsauber und geradezu suggestiv formuliert“. Das Gutachten sei eher eine Anklageschrift geworden.
Im Auftrag Benedikts habe er öffentlich mitgeteilt, dass dieser das Münchner Missbrauchsgutachten gründlich studieren möchte, bevor er sich dazu äußere. Um die 8.000 Seiten Archiv-Dokumente digital zu bewältigen, habe Gänswein Benedikt geraten, die Hilfe von Experten in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus habe er den Fehler publik gemacht, der Ratzinger unterlaufen sei. Dabei ging es um dessen Anwesenheit bei einer Sitzung, die Ratzinger zunächst verneint hatte. Dabei sei jedoch ein Übertragungsfehler passiert.
Nach dieser Stellungnahme sei Benedikt der Lüge bezichtigt worden: „Zwischen einem Fehler und einer Lüge liegt ein himmelweiter Unterschied. Tatsache ist, dass Benedikt von den Vorwürfen gegen den Priester keine Kenntnis hatte. Es ist sehr weit hergeholt, ihn dafür der Lüge zu bezichtigen“, stellt Gänswein klar.
Ratzinger habe sich in seinem offenen Brief vom 8. Februar deutlich für die begangenen Fehler entschuldigt und dafür „ohne Wenn und Aber die Verantwortung“ übernommen. Die Katholische Kirche könne sich nach Ansicht Gänsweins in Zukunft wirksam schützen, wenn sie sensibel werde für frühe Anzeichen von Missbrauch: „Der Blick der Kirche müsse sich vom Täter zum Opfer wenden.“
2 Antworten
Ratzinger war damals Erzbischof des Bistums, er war somit verantwortlich. Dagegen helfen auch die rhetorischen Klimmzüge seines Beschützers nicht. „Nichts gewusst“ kann ja wohl nicht ernst gemeint sein!
Es kann sich nicht um einen Fehler handeln, da der Papst unfehlbar ist. Er hat also doch gelogen.