Papst Franziskus‘ Impuls zum Umdenken

Ein Teil des konservativ-christlichen Wertediskurses wird auf einer völlig falschen Ebene geführt. Dies meint zumindest der katholische Publizist Andreas Püttmann in einem Beitrag der Zeit-Beilage Christ und Welt. Die Hüter der Moral fixierten sich „auffallend einseitig“ auf die Themen Sexualität und hier vor allem auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften.
Von PRO

Papst Franziskus habe durch sein „dröhnendes Schweigen“ zu diesen Reizthemen ein Signal gesetzt, einige Dinge zu relativieren. Seine Wortwahl sei ein Impuls zum Umdenken, ohne Menschen zu verurteilen. Ein viel größeres Problem als die inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen Themen stellten die Lobbyisten in der Kirche dar.

Hochmut und Selbstgerechtigkeit

Abstoßend am konservativen Moralismus findet Püttmann den „Hochmut und die Selbstgerechtigkeit“ derer, die als „wahre Werteelite“ auftreten. Ihnen fehle die „Sensibilität für die eigenen Irrtumsfähigkeit“. Bei Homosexualität gehe es nicht, wie in einem katholischen Medium dargestellt, um das „Promoten von Minderheiten“, sondern um einen „menschengerechten Umgang mit einer gegebenen Disposition“.

Zudem verweist er auf eine evangelische Wochenzeitung, die Bundespräsident Joachim Gauck und Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit mit ihren Partnern auf dem Cover zeigt. Darüber stehe der Titel „Nach welchen Werten leben wir?“ „Beide Paare fallen aus der Ordnung der christlichen Ehe. Aber wohl nicht, weil sie nach anderen als christlichen Werten leben wollten.“ Püttmann hinterfragt, ob die Blattmacher die Umstände von Gaucks Trennung kennen und ob sie glauben, dass sich Wowereit aufgrund einer „Werteentscheidung“ gleichgeschlechtlich orientiere. Es gebe sicher andere Wege, das Ehe-Leitbild hochzuhalten, als die beiden Paare als Beispiel für Werteverfall anzuprangern.

Rudelmoral mit zweierlei Maß

Dem „rechtgläubigen Bannerträger“ sehe dieser Personenkreis „gravierende Charakterdefizite“ nach, während er „mit dem kirchenpolitischen Gegner, Abweichler oder Renegaten hart ins Gericht“ gehe. Viele wählten persönliche Angriffsflächen, „um sich mit seinem Argumenten nicht auseinandersetzen zu müssen. So entsteht eine Rudelmoral mit zweierlei Maß.“ Dieser Diskurs untergrabe die Glaubwürdigkeit der Kirche. Gerade an diejenigen Vertreter sei ein höherer moralischer Maßstab anzulegen, „wo das selbstgefällige Bewusstsein, geistliche Elitetruppe zu sein, besonders ausgeprägt ist“. Schon „partielle Abweichungen vom Lagerkonsens“ könnten zur Ausgrenzung führen. Wenn die Kirche als moralische Autorität noch gehört werden wolle, müsse sie „die christliche Ethik mehr als ein Kunst des gelingenden Lebens erschließen, statt als pures Ordnungssystem von Geboten und Verboten, denen man sich unterzuordnen hat, um Gott zu gefallen“.

Eine Frage des Niveaus

Christen sollten weiterhin dazu ermutigen, nach den Sternen der Vollkommenheit zu greifen, meint Püttmann: „Bei ‚krückstockschwingenden Sittlichkeits-Aposteln‘ wird man Wegweisungen zu einem ‚Leben in in Fülle‘ jedoch nicht vermuten. Der christliche Moraldiskurs mag nicht das Zentrum der Glaubenswahrheiten betreffen. Aber sein Niveau hat durchaus missionarische Relevanz“. (pro)

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