Bis Ende Mai soll die Internetpräsenz von "Facebook" in Pakistan nicht erreichbar sein. Wie "Spiegel Online" berichtet, entschied ein Gericht am Mittwoch, die Seite zu blockieren. Wer "Facebook" dennoch nutze, könne von der Justiz verfolgt werden, sagten die Richter in ihrem Urteil. Das Justizministerium teilte mit, es verurteile "die blasphemische Veranstaltung" im Internet. Das IT-Ministerium kündigte an, es bemühe sich, nur diejenigen Seiten zu sperren, die eingereichte Bilder zeigten, nicht jedoch "Facebook" als Ganzes. Dennoch ist das Netzwerk laut "Spiegel Online" derzeit in Pakistan nicht abrufbar. Am Donnerstag wurde bekannt, dass auch die Videoseite "Youtube" wegen "zunehmender gotteslästerlicher Inhalte" blockiert wird.
Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, die Telekommunikationsbehörde in Islamabad habe die Schließung der Seiten damit begründet, dass die Regierung die Betreiber von "YouTube" und "Facebook" nicht habe überzeugen können, "herabwürdigende Inhalte" zu entfernen. Auch der Zugang zur Foto-Plattform "Flickr" und zur Online-Enzyklopädie "Wikipedia" sei erschwert. Insgesamt seien über 450 Internetlinks blockiert worden.
Aufruf: "Jeder zeichnet Mohammed!"
Unter dem Titel "Everybody Draw Mohammed Day" (Jeder zeichnet Mohammed-Tag) wird auf "Facebook" in einer Gruppe zum porträtieren und karikieren des muslimischen Propheten am 20. Mai aufgerufen. Damit wollen die Erfinder der Seite gegen muslimische Extremisten protestieren, die den amerikanischen TV-Sender "Comedy Central" bedroht hatten. Dieser hatte in einer Folge der Serie "South Park" Mohammed in einem Bärenkostüm gezeigt. Der Sender zensierte die Folge daraufhin nachträglich. Die Karikaturistin Molly Norris reagierte darauf mit der Veröffentlichung eines Cartoons, in dem eine Gruppe per Plakat zu einem Mohammed-Malwettbewerb aufruft. "Spiegel Online" meldet, Norris habe sich mittlerweile von dem Malwettbewerb distanziert. Sie habe nur einen Cartoon produzieren wollen. Seine schnelle Verbreitung habe sie überrascht. Sie sei nicht die Betreiberin der entsprechenden Facebook-Seite, bitte Muslime um Entschuldigung und verlange, dass der Malwettbewerb abgesagt werde.
Die Initiatoren der Seite schreiben auf "Facebook": "Hoffentlich wird diese Seite ernste Debatten in internationalen Foren anstoßen." Sie beabsichtigten nicht, Moslems zu beleidigen. "Dies ist keine Moslem/Islam-Hassseite. Wir wollen jenen Extremisten, die drohen, Menschen wegen deren Mohammed-Darstellungen zu verletzten, nur zeigen, dass wir keine Angst vor ihnen haben." Die Extremisten könnten das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht durch solche Schrecken außer Kraft setzen. Über 41.000 Personen stimmten dieser Meinung über den "Gefällt mir"-Button der Seite zu. Mittlerweile haben sich Gegengruppen mit rund 60.000 Unterstützern gegründet. In allen Gruppen wird über das Für und Wider der Mohammed-Zeichnungen diskutiert.
Mittlerweile haben sich auch die "Facebook"-Betreiber zu Wort gemeldet. "Spiegel Online" zitiert: "Wir sind enttäuscht über die Entscheidung des pakistanischen Gerichts, Facebook ohne vorhergehende Warnung zu sperren und gehen davon aus, dass auch unsere Nutzer das so empfinden. Wir analysieren die Situation und die juristischen Erwägungen und werden angemessen reagieren, was auch einschließen könnte, diese (beanstandeten) Inhalte für Nutzer in Pakistan unzugänglich zu machen."
Der Streit erinnert an den Karikaturen-Streit aus dem Jahr 2005. Damals hatte die dänische Zeitung "Jyllands-Posten" kritische Mohammed-Zeichnungen gedruckt und eine weltweite Protestwelle mit gewalttätigen Ausschreitungen ausgelöst. Muslime auf der ganzen Welt forderten den Boykott dänischer Produkte. Dänische Flaggen wurden verbrannt und dänische Botschaften gestürmt. Extremisten planten sogar den Mord an dem Karikaturisten Kurt Westergaard und Kulturredakteur Flemming Rose. Westergaard wurde in seinem Haus überfallen, konnte sich aber retten.
Korrespondentin soll Land verlassen
Die in Pakistan stationierte Korrespondentin von "Jyllands-Posten", Puk Damsgård Andersen, ist unterdessen in Pakistan zur "unerwünschten Person" erklärt worden. Die Berliner "Tageszeitung (taz) meldet, ihr werde vorgeworfen, Kopien der Karikaturen verbreitet und sich "fragwürdiger und dunkler Machenschaften" schuldig gemacht zu haben. Die Sicherheitsbehörden hätten sie seit längerer Zeit beobachtet und ihr dringend nahe gelegt, das Land zu ihrer eigenen Sicherheit zu verlassen. Ansonsten laufe sie Gefahr, von "extremen Elementen attackiert zu werden". Die 32-Jährige arbeitete seit fünf Jahren freiberuflich in Islamabad. (pro)