Gefahren im Netz: Sex, Missbrauch, Extremismus

Internetangebote, die die sexuelle Ausbeutung von Kindern zeigen, sind der Initiative Jugendschutz.net im vergangenen Jahr besonders oft gemeldet worden. Doch auch politischer Extremismus ist eine dauerhafte Gefahr im Netz. Das erklärten Experten am Donnerstag in Berlin.
Von Anna Lutz
Sex und Gewalt sind im Netz keine Seltenheit - geklickt werden die fraglichen Angebote auch von Kindern

Im Jahr 2017 sind bei Jugendschutz.net zehnmal so viele Meldungen über Darstellungen sexueller Ausbeutung von Kindern im Internet eingegangen als im Vorjahr. Das erklärte der Leiter der Organisation, Friedemann Schindler, am Donnerstag in Berlin vor Journalisten. Auch islamistische und sonstige extremistische Angebote gefährdeten Kinder und Jugendliche im Internet.

Laut dem Jahresbericht von Jugendschutz.net, einem gemeinsamen Kompetenzzentrum von Bund und Ländern, hat die Stelle im vergangenen Jahr über 100.000 Angebote im Netz überprüft und rund 7.500 Verstöße gegen den Jugendmedienschutz festgestellt. In 80 Prozent aller Fälle wurden sie schnell gelöscht. Ein Fortschritt, wie Schindler betonte. Die Gründe dafür, dass große Player wie Google oder Facebook heute schneller auf Meldungen problematischer Inhalte reagieren, sieht er einerseits im durchaus umstrittenen Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das Betreiber dazu verpflichtet, fragliche Inhalte zu prüfen und innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens zu löschen. Andererseits habe eine intensivere öffentliche Debatte über Hassbotschaften dazu geführt, dass Soziale Netzwerke heute sensibler mit problematischen Inhalten umgehen.

„Cybermobbing Tür und Tor geöffnet“

Dennoch äußerte er klare Kritik an den Betreibern von Plattformen wie etwa Instagram: 17 Prozent der 10- bis 13-Jährigen nutzten den Dienst, dabei sei er offiziell erst ab zwölf Jahren verfügbar. Die Sicherheit gerade junger Nutzer sei nicht gewährleistet, denn alle Profile seien zunächst automatisch öffentlich und damit für jeden Nutzer zugänglich. „Cybermobbing ist damit Tür und Tor geöffnet“, sagte Schindler. Ähnliches gelte für die Videoplattform TikTok. Dort können vor allem junge Nutzer Videos posten, häufig ahmen sie dabei ihre Stars nach. Sexualisierte Kommentare unter Tanz- und Turnvideos seien gängig, häufig komme es auch zum sogenannten Grooming, sagte Schindler. Dabei nehmen Pädophile ersten Kontakt zu Kindern und Jugendlichen über die Plattform auf.

Schindler sieht für die Probleme, die durch mangelnde Sicherheitseinstellungen entstehen, allein die Betreiber verantwortlich. Es sei technisch kein Problem, etwa eine WhatsApp-Variante für jüngere Nutzer mit strengeren Sicherheitseinstellungen herauszugeben. Es fehle lediglich der Wille dazu. Stattdessen umgingen große Dienste rechtliche Weisungen, indem sie eine Altersgrenze für ihre Apps einführten – offenbar wohl wissentlich, dass sie von jüngeren Nutzern ignoriert wird. Denn oft sei einfach nur ein Häkchen zu setzen, um zu bestätigen, dass der Nutzer ein bestimmtes Alter bereits erreicht habe – kein wirkliches Hindernis für Kinder.

Fake-News und Stimmungsmache zu Chemnitz

Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesjugendministerium, warnte im Bezug auf die jüngsten Geschehnisse von Chemnitz vor politischer Propaganda im Netz. YouTube-Videos mit Falschmeldungen und Stimmungsmache würden zehntausendfach geklickt – auch von jungen Menschen. Rechtsextremismus sei eine der größten Herausforderungen für die Demokratie heute, erklärte sie. Da Eltern das Smartphone ihrer Kinder nicht ständig überwachen könnten, seien die Anbieter in der Pflicht, die Angebote auf ihren Plattformen von vornherein stärker zu kontrollieren.

Christiane Rohleder, Staatssekretärin im Jugendministerium von Rheinland-Pfalz, forderte „endlich zeitgemäße Neuregelungen im Jugendmedienschutz“. So seien Filme in Streamingdiensten wie Netflix oft nicht mit derselben Altersfreigabe gekennzeichnet wie im Geschäft. Eltern und Kinder müssten zusätzlich bei der Auswahl angemessener Internetangebote unterstützt werden. Problematisch schätzt sie auch den Umgang mit persönlichen Daten in vielen Apps ein. Oft würden Adressen und Handynummern der Nutzer abgefragt. Oder es werde unverhohlen zum Kauf anderer Artikel animiert – teilweise im Wert von bis zu 350 Euro. Eine Gefahr, gerade für junge Nutzer, findet Rohleder.

Sie forderte, dass die Betreiber von Apps Werbung kenntlich machen und verantwortungsvoll mit persönichen Daten umgehen. Nicht zuletzt sei es aber auch wichtig, dass Eltern ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihren Kindern pflegten. Nur dann seien diese auch bereit, mit Mutter oder Vater über unangenehme Erfahrungen im Netz zu sprechen.

Von: Anna Lutz

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