Bernhard Bueb gilt als bekanntester deutscher Bildungskritiker und wird gemeinhin – vielleicht zu Recht – als „strengster Lehrer Deutschlands“ betitelt. Seine Idealvorstellungen vom deutschen Bildungssystem sind eindeutig: „Schulen, die staatlich finanziert, aber privat geführt werden.“ Dazu fordert er Ganztagsschulen, Lehrercoaching und gezielte Motivation von Pädagogen und Schülern. Im Interview mit dem Magazin „Der Spiegel“ erläutert der Pädagoge seine Ansichten.
So sieht Bueb die Bildungsmisere in Deutschland nicht als Ergebnis fehlender Reformen, sondern als Resultat fehlender Führung. „Lehrer brauchen Führung. Zu viele unserer Lehrer straucheln führungslos umher. Niemand nimmt ihre Arbeit wahr, niemand kontrolliert sie, niemand motiviert sie. Solche Lehrer können die Karriere von Schülern behindern“, ist Bueb überzeugt. Daher habe jeder Erziehende die Pflicht, Kinder und Jugendliche anzuleiten, damit sie zu sich selbst finden und an ihre Fähigkeiten glauben können.
„Ganztagesschulen absolut notwendig“
Dabei sieht Bueb das primäre Problem darin, dass die meisten deutschen Pädagogen nur auf den Lehrplan fixiert seien. „Zu viele Lehrer unterrichten Fächer – und nicht Schüler“, so der Ex-Schulleiter. Man müsse Schüler motivieren, ihnen zeigen, dass sie wichtig sind und man als Lehrer an sie glaubt. Das System der Halbtagsschulen könne dies natürlich nicht leisten, deshalb sei die „Einführung der Ganztagschulen absolut notwendig“. „In einer Ganztagesschule würden Kinder nachmittags in Gemeinschaft spielen, ihre Hausaufgaben erledigen, ihre Reit- oder Gesangsstunden von der Schule aus aufsuchen, und nach 17 Uhr kann die Fülle des Familienlebens ja beginnen.“ Dies sei vor allem auch eine Chance für Kinder mit Migrationshintergrund.
„Lehrer sollten kündbar sein“
Doch nicht nur auf die Ganztagsschulen komme es an, sondern auch auf den Qualitätsstandard in den Schulen. So brauche eine Schule einen starken Leiter, der seine fähige Mannschaft selbst zusammensucht und „Versager“ entlassen darf. „Lehrer müssten kündbar sein. Oder ein unfähiger Lehrer treibt anderswo weiter sein Wesen.“
Zudem befürwortet Bueb Coachingkurse für Lehrer, in denen diese sich ihren Ängsten und ihrem Scheitern stellen müssen. „Ich habe das Scheitern ja selbst erlebt als junger Pädagoge“, fährt Bueb fort. „Ich wusste nicht, was ich wollte.“ Doch nicht nur professionelles Feedback sei wichtig – ebenso auch die Rückmeldung von Schülern und das tägliche Gespräch und die Ermutigung unter den Pädagogen.
Bernhard Bueb, 1938 geboren, studierte Philosophie und katholische Theologie in München und Saarbrücken. Bekannt wurde er als Leiter des Internats Schule Schloss Salem, das er von 1974 bis 2005 leitete. 2006 veröffentlichte Bueb das Erziehungsbuch „Lob der Disziplin – Eine Streitschrift“, das sowohl massiv kritisiert, aber auch begrüßt wurde.