Wie steht es um die Religionsfreiheit in Indien? Darüber ist eine Debatte entbrannt. Kumar Sahu, Vizepräsident von „Christian Endeavour“, dem weltweiten EC-Verband, für die Region Asien, nahm die Politik seines Landes in einem PRO-Interview in dieser Woche in Schutz.
„Ich hatte seit mehr als 40 Jahren geistliche Ämter und habe in dieser Zeit keine Einschränkungen meiner Religionsfreiheit oder Benachteiligung oder Verfolgung erfahren“, gab der Pastor an. Auch zu den umstrittenen Konversionsverbots-Gesetzen in Indien nahm Sahu Stellung. Eine Hinwendung zum Christentum sei in Indien möglich, müsse aber ohne besondere Anreize oder Druck geschehen.
Zum Interview mit Kumar Sahu
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Diese Äußerungen rufen nun Widerspruch hervor.
„Die Ausführungen von Kumar Sahu zu Indien widersprechen den Tatsachen“, teilte ein Sprecher der christlichen Hilfsorganisation „Open Doors“ auf PRO-Anfrage mit. „Schaut man auf den letzten großen Angriff gegen Christen und ihre Gemeinden in Manipur, so wurden dort mehr als 400 Kirchen zerstört, mehr als 1.700 Häuser von Christen, mehr als 100 Christen ermordet, Zehntausende wurden vertrieben.“ Das sein nur ein Vorfall von mehreren gewesen. Das EU-Parlament habe sogar eine Resolution zur Lage in Manipur verabschiedet, die die indischen Behörden zu einem Stopp der Gewalt fordert.
Angebliche „Zwangsbekehrung“ als Bedrohung
„Kumar Sahu stellt sich in eine Reihe mit Indiens Premierminister Narendra Modi“, so der Open-Doors-Sprecher. Modi habe während seines USA-Besuchs Ende Juni gegenüber Medien angegeben, es gebe in Indien keinen Platz für Diskriminierung. „Währenddessen hielten die Unruhen in Manipur noch an.“
Auch zu den Antibekehrungsgesetzen äußert Open Doors eine völlig andere Einschätzung als Sahu.
„In Chhattisgarh – das wie elf andere Bundesstaaten Anti-Bekehrungsgesetze eingeführt hat – werden Konvertiten zum christlichen Glauben immer wieder zur ‚Rückbekehrung‘ zum Hinduismus gezwungen“, so das christliche Hilfswerk. Grund dafür sei die Auslegung, was eine „Zwangsbekehrung“ sei. Es könne „nahezu jede Aktivität religiöser Minderheiten als unlauterer Versuch einer Zwangsbekehrung interpretiert werden – selbst ein öffentliches Gebet oder karitative Hilfsangebote“.
Dies habe Christen stigmatisiert, in der Folge sei es zu monatelangen sozialen Boykotts und zum Ausschluss vieler Christen aus der Dorfgemeinschaft gekommen. Mehrfach sei es zu heftigen Gewaltausbrüchen gekommen. Auch Gerichte und Vertreter der hindu-nationalistischen Regierung sähen in angeblichen „Zwangskonversionen“ eine Bedrohung. Vertreter des Innenministeriums hätten in einer öffentlichen Anhörung erklärt, dass Religionsfreiheit nicht das Recht auf Bekehrung anderer Menschen einschließe.