Ein blaues Kaninchen wird ab dem 5. Oktober jeden Morgen um 6.50 die
jüngsten Zuschauer des Kinderkanals (Kika) begrüßen – vom Bildschirm
aus natürlich. Jeden Vormittag wird dann der Kinderkanal 215 Minuten
Kinderprogramm für 3- bis 6-Jährige senden. Begleitet wird das
TV-Angebot von einem Online-Serviceportal für Eltern und Erzieher. Mit
dem künftigen Internetportal wollen ARD und ZDF nach eigenen Angaben
die Eltern bei der Förderung der Medienkompetenz ihrer Vorschulkinder
unterstützen.
Die Planungen für das neue Angebot des Kika laufen seit zwei Jahren. Nun hat der Entwurf die letzte Hürde genommen: Das Konzept musste das Dreistufen-Testverfahren durchlaufen. Damit soll geprüft werden, ob die Online-Angebote der Rundfunkanstalten dem öffentlich-rechtlichen Auftrag entsprechen. Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) hatte die Pläne von ARD und ZDF massiv kritisiert. Vor allem die "unzureichend begründete gesellschaftliche Notwendigkeit für die Angebote, die ähnlich bereits verfügbar seien" sowie ausufernde Verweildauern und die nicht differenzierten und nach Ansicht des VPRT zu niedrig angesetzten Kosten standen im Mittelpunkt der Kritik. Dennoch hat der MDR-Rundfunkrat am vergangenen Montag die geplanten Angebote Kikaninchen und das Onlineangebot Kika-Plus genehmigt.
Laut dem Kika sitzen morgens bereits 170.000 Kinder vor dem Bildschirm. Ein Grund für das Team des Erfurter Kinderkanals, ein Fernsehprogramm für die Jüngsten zusammen zu stellen. Das Motto dabei lautet: Wenn die Kleinen schon fernsehen, dann wenigstens ein Programm, das auf die Altersgruppe zugeschnitten ist. Das Angebot besteht überwiegend aus Sendungen, die es bereits im Programm gibt. Neu ist das Maskottchen sowie der Moderator Christian Bahrmann.
Orientierung für Eltern
Die Vielzahl der bereits bestehenden TV-Angebote und Anbieter verunsichere Eltern und mache die Orientierung schwierig, so KiKa-Programmchef Steffen Kottkamp. Mit der Bündelung des neuen Programmangebots mit verlässlichen Sendezeiten, Ritualen und der neuen Fernsehfigur biete der Kika Eltern die Gewissheit, dass ihre Kinder ein altersgerechtes Programm ohne Gewalt und Werbung vorfinden. "Wenn Eltern den Kikaninchen-Song hören, können sie sicher sein, ihr Kind sieht nichts, was da nicht hingehört oder schadet", verspricht Kottkamp.
Eltern entscheiden über Dauer der Fernsehzeiten
Das Programm umfasst 3,5 Stunden Programm. Eine lange Zeit für die Kleinen, deren Aufmerksamkeitsspanne nach 30 Minuten beendet ist. Und eine Versuchung für die Eltern, ihr Kind doch länger als geplant vor dem "unbedenklichen und pädagogisch ausgesuchten Programm sitzen zu lassen? Programmmacher und Pädagogen sind sich einig darüber, dass für Vorschulkinder eine halbe Stunde Fernsehen pro Tag ausreichend ist. Bereits kleine Kinder sollten lernen, dass ein Fernseher nicht nur einen Einschalt- sondern auch einen Ausschaltknopf hat. Ob und wie viel Zeit Kinder mit Medien verbringen sollen, entschieden aber letztendlich die Eltern, heißt es in der Pressemappe.
"Kikaninchen" besteht überwiegend aus bekannten Sendungen wie "Sesamstraße" oder der "Sendung mit dem blauen Elefanten". Insgesamt elf Kurzserien für Kinder, davon sieben britische oder US-amerikanische Produktionen füllen nacheinander das "Kikaninchen"-Zeitfenster aus. Unterbrochen wird der Fluss der Zeichentrickfilme durch 1-5 minütige Kaninchen-Episoden. Die Auftritte des Kaninchens sollen laut Kottkamp Ein-oder Ausschaltimpulse geben. "Kikaninchen ist kein Fernsehansager, der zum ‚Immerweiterschauen‘ einlädt", so der Programmchef in der Presseinformation.
Kinder wollen Kontakt mit realen Menschen
"Kikaninchen" soll Kinder spielerisch fördern, Wissen vermitteln und zum Nachahmen anregen. Das Ganze wird wissenschaftlich begleitet durch Maya Götz, Leiterin des "Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen" (München). Sie erforscht seit vielen Jahren die Auswirkungen von Fernsehen auf Kinder. "Oft wird unterschätzt wie sensibel die Jüngsten wirklich sind. Sie bekommen schnell Angst, sie erleben und fühlen sehr stark mit", erklärt die Mutter zweier Kinder. "Fernsehen sollte aber keinesfalls zur Hauptbeschäftigung des Kindes werden." Denn Fernsehen könne zwar Anregungen geben und Bilder und Ideen liefern. "Aber dann braucht das Kind Zeit zum Weiterdenken und zum Umsetzen."
Der Idealfall sei, wenn Eltern gemeinsam mit den Kindern fernsehen, zumindest sollten Eltern in der Nähe sein, wenn Kinder vor dem Bildschirm sitzen. "Denn was Kinder vor allem wollen, ist Kontakt mit realen Menschen, mit denen sie sich unterhalten und mit denen sie die Geschichten nachspielen und weiter fantasieren können", so Götz weiter. Die Fernsehexpertin ermutigt Eltern dazu, Rituale einzuführen und bei einem "Kaninchenbeitrag" ein und beim nächsten wieder auszuschalten. Außerdem rät sie Eltern, den Fernsehkonsum des Vorschulkindes auf 30 Minuten pro Tag zu begrenzen.
Denn richtig Fernsehen muss gelernt werden – von Anfang an. (PRO)