Ob die Polizei in Pressemitteilungen die Nationalität von Tatverdächtigen nennt, ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen will die Polizei anweisen, künftig in der Regel die Staatsangehörigkeit zu nennen. In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen wird das schon seit einigen Jahren so gehandhabt. Die Mehrzahl der Bundesländer ist jedoch weiterhin zurückhaltend bei der Nennung der Nationalität und orientiert sich am Pressekodex, wie eine Umfrage des epd bei den Innenministerien und Polizeibehörden ergab.
Mit der Veröffentlichung der Nationalität will die Polizei in NRW Transparenz schaffen, wie das Innenministerium Anfang der Woche mitgeteilt hatte. Die Nennung sei „immer häufiger Teil von journalistischen Nachfragen“, erklärte ein Ministeriumssprecher. Die Polizei wolle so „Spekulationen vorgreifen“ sowie dem Vorwurf entgegentreten, „etwas verschweigen zu wollen“.
Die drei ostdeutschen Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen nennen bereits grundsätzlich die Nationalität eines Tatverdächtigen. In Sachsen etwa gilt eine Kommunikationsrichtlinie, nach der die Staatsangehörigkeit eines Tatverdächtigen zu nennen ist, wenn diese bekannt ist. Von der Regelung sei abzuweichen, wenn dadurch der Betroffene identifiziert werden könne, erklärte das Sächsische Staatsministerium des Innern.
Verbreitung von Fake News unterbinden
Die Polizei des Landes Brandenburg veröffentlicht grundsätzlich die Staatsangehörigkeit von Tatverdächtigen und Geschädigten, wenn diese zweifelsfrei feststeht, von Relevanz für die Bedeutung der Straftat ist und keine formalen Gründe einer Veröffentlichung entgegenstehen. In Mecklenburg-Vorpommern wurde die Landespolizei Anfang 2020 mit einer den Medienerlass ergänzenden Verfügung angewiesen, grundsätzlich die Nationalität der Beteiligten zu nennen. Ausnahmen davon seien im Einzelfall aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes zu machen.
Auch im Saarland erteilt das Landespolizeipräsidium in seinen Pressemeldungen in der Regel Auskunft über die Nationalität der Beteiligten, insbesondere dann, wenn es aus Sicht der Polizei zum Verständnis des Sachverhaltes erforderlich ist – beispielsweise bei fremdenfeindlich motivierten Straftaten. Grundsätzlich gehe die Polizei mit der Nationalität von Tatverdächtigen oder anderen Personen offensiv um, wenn es keine Hindernisgründe gebe. Damit wolle man unter anderem der Verbreitung von Fake News frühzeitig entgegentreten.
Alle anderen Bundesländer berufen sich auf den Pressekodex. Der gibt vor, dass im Einzelfall erwogen werden soll, ob die Nennung der Nationalität geboten ist. Damit soll Diskriminierung verhindert werden. In den Ländern gibt es dazu jeweils eigene Leitlinien, Erlasse, Landespressegesetze oder einen Medienkodex für die Polizei. Das Innenministerium von Baden-Württemberg teilte mit, „ein möglicher Migrationshintergrund eines Tatverdächtigen ist für die Berichterstattung nur im begründeten Ausnahmefall von Belang“.
Bundespolizei ist Sonderfall
In mehreren Bundesländern, dazu gehören Bremen, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein, wird die bestehende Praxis derzeit neu bewertet oder die Regelungen überarbeitet. Keine Änderungen bei der Nennung der Staatsangehörigkeit von Tatverdächtigen sind derzeit in Bayern, Berlin, Hessen und Niedersachen geplant. Nach Angaben des bayerischen Innenministeriums gibt es keine schriftlichen Regelungen für die Nennung der Nationalität in Pressemitteilungen der bayerischen Polizei.
Ein Sonderfall ist die Bundespolizei. „Sofern die Identität beschuldigter oder betroffener Personen zweifelsfrei feststeht, steht die Nennung der Staatsangehörigkeit im Interesse der Öffentlichkeit“, erklärt eine Sprecherin. Dies sei bei der Bundespolizei grundsätzlich
der Fall, die Staatsangehörigkeit gehöre zum Sachverhalt. Aufgrund der Internationalität der Personen, die durch den Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei – Grenzen, Bahnhöfe und Flughäfen – reisen oder sich dort aufhalten, betreffe dies sowohl die Beschuldigten als auch die Geschädigten.