Republikaner beten, statt zu handeln – diesen Vorwurf erhebt die amerikanische Tageszeitung New York Daily nach einem Anschlag in Kalifornien mit 14 Toten. In den Sozialen Netzwerken wird nun heiß darüber diskutiert – auch über Gott und den Sinn des Betens.
In den USA ist der private Besitz von Schusswaffen durch die Verfassung geschützt. Allerdings wird das Waffenrecht politisch sehr kontrovers diskutiert.
Ein 28-jähriger Mann und seine ein Jahr jüngere Frau haben am Mittwoch im kalifornischen San Bernardino bei einer Weihnachtsfeier 14 Menschen erschossen und 21 zum Teil schwer verletzt. Die beiden Tatverdächtigen mit jeweils pakistanischen Wurzeln und muslimischem Glauben kamen auf der Flucht bei einem Schusswechsel mit der Polizei ums Leben. Indizien weisen auf einen religiösen Tathintergrund hin, da sich Verbindungen zu islamistischen Terrorgruppen zurückverfolgen lassen. In ihrer Wohnung fanden sich zwölf selbst gebaute Rohrbomben. Die Waffen und Munition, mit denen die mutmaßlichen Schützen um sich schossen, hatten sie legal in den USA erworben.
Laut der Initative schootingtracker.com gab es in diesem Jahr über 350 Schießereien in den USA, bei denen Menschen verletzt oder getötet wurden. Die Tageszeitung New York Daily nahm den jüngsten Vorfall zum Anlass, die liberale Haltung republikanischer Politiker zu den Waffengesetzen zu kritisieren. „God isn‘t fixing this“ – „Gott bringt das nicht in Ordnung“ – stand am Donnerstag in dicken Lettern auf ihrer Titelseite. Dazu zitierte die Zeitung Twitter-Botschaften, die republikanische Präsidentschaftskandidaten, unter anderem Ted Cruz und Lindsey Graham, nach dem Attentat in San Bernardino veröffentlichten. Deren Tenor war: Unsere Gebete sind bei den Opfern und Angehörigen. Diese Gebets-Tweets stellte das Blatt Äußerungen von Demokraten wie Hillary Clinton gegenüber, in denen sie das Ende solcherlei Gewalt und schärfere Waffengesetze fordern. Die Botschaft hinter dieser Darstellung: Während Republikaner nur hohle Phrasen über Gebete von sich geben, packen die Demokraten die Ursache des Übels an.
„Fundamentales Problem zwischen Medien und Politik“
Gebet verändert – diesen Satz habe er selbst schon oft gesagt, kommentiert der Journalist Shaun King von der New York Daily, und ein Teil von ihm glaube auch daran; „jedoch nicht in einem missbrauchten Sinn, dass er die Inaktivität bei der Kontrolle von Schusswaffen zudeckt“. Er unterstellt den republikanischen Politikern, „nicht die Hälfte von dem zu beten, was sie behaupten zu tun“. Solche Worte seien nur Plattitüden und ließen notwendige politische Handlungen vermissen.
Rand Paul, einer der kritiserten Senatoren und republikanischer Präsidentschaftsbewerber, kritisierte das Vorgehen der Zeitung. Das Cover sei ein „erbärmliches Beispiel dafür, wie Medien ihre politische Agenda über das Leiden der Opfer und ihrer Familien stellen“. Daran werde ein generelles „fundamentales Problem zwischen Medien und Politik“ deutlich. Ehrliche Gedanken und Gebete für Opfer seien keine politischen Methoden. Religiöse Gefühle anzugreifen, um eine Agenda durchzusetzen, sei „abscheulich“.
Gebet wird zum Thema in Sozialen Netzwerken
In den Sozialen Netzwerken weckte die Titelseite enorme Aufmerksamkeit. Innerhalb von einem Tag wurde sie über 113.000 Mal auf Facebook geteilt, auf Twitter gab es 23.000 Retweets. Die Reaktionen darauf fielen sehr unterschiedlich aus – von bewundernd bis verachtend. Auch der Sinn des Gebets wurde in den Kommentaren und Tweets diskutiert. „Als Atheist weiß ich, dass Gebete keine Waffengewalt stoppen“, twitterte ein Nutzer. Ein anderer verwies auf den benediktinischen Leitspruch „Ora et labora“ – bete und arbeite.
Auf Facebook meinte eine Nutzerein, Gott habe sich offenbar verabschiedet, wenn er 350 Schießereien in einem Jahr zulasse; mehrere Kommentatoren fragten hingegen, weshalb Gott eingreifen sollte, wenn er in der Gesellschaft und im Leben der Menschen keinen Platz mehr habe. Ein anderer erklärte, dass der Tag kommen werde, an dem Gott alles in Ordnung bringe und das Böse aus dem Weg räume.
Graham: „Zeitung soll sich schämen“
Auch bekannte christliche Kommentatoren äußerten sich zu dem Zeitungsartikel. Franklin Graham, Sohn des Evangelisten Billy Graham und Leiter von dessen Missionswerk, schrieb auf Facebook, die New York Daily solle sich schämen. „Es ist offensichtlich, dass diese Gruppe die Wichtigkeit des Gebets herunterspielt, um ihre eigene politische Agenda der Waffenkontrolle zu bewerben“, erklärte er.
Der Journalist Matt Walsh wies in einem Kommentar darauf hin, dass es keinen Widerspruch gebe zwischen Beten und Handeln. Im Übrigen habe Gott die Sache bereits in Ordnung gebracht – als er seinen Sohn Jesus Christus für die Sünden der Welt sterben liess. (pro)
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